Grüne Bürgerzeitung, Nummer 1, März 1990

Unser Trinkwasser kommt zu über 90 % aus dem Brunnenfeld im Be- reich Dietachdorf im Norden.unse- rer Stadt. Dort befinden sich 4 Brunnen mit unterschiedlichen Grundwassereinzugsbereichen. Die Brunnen 5 und 7 liegen dem Enns0uß am nächsten, demzufolge kommt auch ihr Wasser aus dem Uferliltrat der Enns. Bis zu 60 % des Steyrer Wasserbedarfes wird angeblich aus diesem - weniger mit Nitrat belasteten Brunnen - gedeckt. Daß gerade dieses Wasser durch andere Schadstoffe gefährdet sein könnte, ist eine andere Sache - sowohl die Deponie der Stadt Steyr, als auch die alte Steyr-Werke- Deponie befinden sich im Einzugsbereich (siehe auch Artikel: "Giftbombe unter Schrebergärten", auf Seite 10). Große Probleme hat die Stadt allerdings mit den 2 anderen Brunnen, Nr. 3 und 8. Hier kommt der Grundwassereinstau aus dem intensiv genutzten Westen (Dietach), der Nitratgehalt dieser_ beiden Entnahmestellen bewegt sich derzeit zwischen 40 und 50 mg pro Liter Wasser (manchmal auch darüber) - also hart an den derzeiti- gen EG~Grenzwerten (50mg/l) und weit über den von der WHO für Säuglingen empfohlenen Bela- stungsgrenzen (20 mg/1). Der 5. Steyrer Brunnen aus dem Raum Tinsting (Christkindl) deckt nur ca. 3 % des Trinkwasserange- bots der Stadt, auch er ist mit Nitraten einigermaßen belastet (30 - 40 mg/1). Seit 1981 schickt das Wasserwerk Proben aus allen 5 Brunnen einmal wöchentlich zur Bakteriologisch-Se- riologischen Bundesanstalt nach Linz. Die 10 Tage (!) nach der Entnahme übermittelten chemi- schen und bakteriologischen Unter- suchungsergebnisse sind dann Handlungsgrundlage für die Was- serwerker. Nach dem Belastungs- grad wir<l nun ein Brunnen dem Wassernetz zu bzw. abgeschaltet. Dies allerdings in Ermangelung eines eigenen Labors mit lütägiger Zeitverzögerung. Von zeitgerechter Reaktion auf plötzlich auftauchende Belastungen kann also nicht gespro- chen werden. Nitratbelastung des Steyrer Trink- wassers: Entnahmetag 7. Februar 1990 Brunnen 3 (Dietachdorf) 40,6 mg/1 Brunnen 5 (Dietachdorf) 13,5 mg/1 Brunnen 7 (Dietachdorf) 34,9 mg/1 Brunnen 8 (Dietachdorf) 46,0 mg/1 Brunnen Tinsting 32,4 mg/1 Rohrnetz der Stadt Steyr 38,4 mg/1 8 Mit der jetzigen Trinkwassersitua- tion in Steyr kann man - im Ver- gleich zu anderen Gemeinden (Enns, Kronstorf, Eferding, ...) noch einigermaßen zufrieden sein", meint der (welch eine Wohltat) aus- kunftsfreudige und recht kompetent wirkende Beamte im Wasserwerk. Trink wasser ~ ~~ ,._,, ~~ ~~~ s-=z~~ =-=------~~ • ~ • ie aktuelle Situation • Steyr Für die Zukunft hat auch er - vor allem, was die steigende B_elastungs- situation durch die Landwirtschaft (begünstigt durch die neuen gesetz- lichen Regelungen für Dünger- Obergrenzen) anlangt - kein gutes Gefühl. GRÜNE Seine Hauptsorge geht allerdings in eine andere Richtung: "_Ein Tankwa- genunfall im Bereich des Heuberges ware eine Katastrophe für unser Trinkwasser". In Hinblick auf die insgesamt be- .sorgniserregende Situation stellt sich natürlich die Frage: Welche Wasser- reserven könnte Steyr in Zukunft als notwendige Alternative zu den be- stehenden anzapfen? Unser Ge- sprächspartner aus dem Wasserwerk gibt sich ratlos: Kurzfristig steht keine ernstzunehmende Ausweich- möglichkeit zur Diskussion. Na dann Prost. Georg Neuhauser GAL-Forderungen zum Thema Steyrer Trinkwasser: 1. Monatliche Veröffentlichung der Wasserwerte (chemisch, physika- lisch, bakteriologisch) von allen vorhandenen Brunnen bzw. Erstellung eines regelmäßigen Trinkwassergüteberichts im Amtsblatt der Stadt Steyr. · 2. Raschere Analysen des Trinkwas- sers bzw. sofortige Rückmeldung der Untersuchungsergebnisse durch eine(n) unabhängige(n) Chemi- ker(in) auf Honorarbasis. 3. Erweitertes Untersuchungspro- gramm vor allem in Hinblick auf Agrochemikalien (Schädlingsbekämpfungsmittel und dgl.), Schwermetalle, u. a. Schadstoffe aus Mülldeponien, In- dustrieanlagen usw., mindestens 4mal im Jahr. · 4. Förderung von Maßnahmen (Direktzahlungen) zur Umstellung herkömmlicher bäuerlicher auf biologische Landwirtschaftsverfah- ren vor allem im Einzugsbereich des Steyrer Trinkwassers. 5. Altlastensanierungsprogramme für die bestehenden und ehemaligen Mülldeponien. 6. Rigorose Müllvermeidung, Ent- giftungskonzepte (Umstellung auf ökolog. verträgliche Substanzen, Verfahren und Produkte) für die Wirtschaft unter Anwendung öf- fentlicher Förderungsmaßnahmen.

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