Handbuch der Wehranlagen und Herrensitze Oberösterreichs

Bei vormi.ttelalterlichen Wehranlagen wurde von einer Deutung bewußt Abstand genommen, Ausnahmen von ·dies.er Regel bilden jene Objekte, die durch Aus- grabungen erschlossen wurden, ansonsten wurde nur die Art (Ringwall, Doppel- wall, Rundwall oder Viereckschanze) angegeben. Römerzeitliche Objekte wurden der Vollständigkeit wegen berücksichti.gt , immer mit Angabe der Literatur; be·i fehlender Literatur wurde auf die Form der Anlage (castra) oder ihrer Besonderheit (Spitzgräben) hing.ewiesen. Wehrbauten des Mittelalters, d. s. besonders die Burgen, wurden nur dann aus- führlicher behandelt, wenn über di,ese keine Literatur oder nur spärliche H,inweise vorhanden sind. Bei exi,stenten Burgen oder Ruinen wurde nur die erst,e Nennung unid gegebenenfalls Berichtigungen angeführt und im übrigen auf die Literatur verwiesen. Das gleiche gilt für die Schlös,ser. Ein besonderes Augenmerk wurde auf die Sitze gel,egt, weil diese in der Fach- literatur bisher fast keine Berücksichtigung und Würdigung gefunden haben. Der Sitz, diese Bezeichnung ist authent (Siez), war der Wohnsitz des rittermäßigen Dienstadels und hatte, wenn ein Bauhof (Wirtschahsg.ebäude) dazugehörte, stets das gleiche Aussehen und das von der Nordsee bis zu den Alpen, von Frankreich bi,s nach Polen. Es darf in diesem Zus·ammenhange •darauf hingewiesen werden, daß die Errichtung der Sitze nach gesetzlich verankerten Bestimmungen (Land- und Stammesrechte) vor sich gegangen ist. Daß di.es keine leere Behauptung ist, sollen die diesbezüglichen Bestimmungen des Sachsenspiegel1s (1), die Kurz- fassung des Schwabenspiegels (2), das „Allt lanndts- vnd lehenrechts puech 141 5" (3), der Schwabenspiegel (4) und das Österreichische Landrecht ( 5) bewei- sen . So heißt es im Artikel 58 des Österreichischen Landrecht,s ( Fassung 1): „So sol auch niemand kain edele haws oder pürg pawn an des I,andsherrn gunst vnd an sein vrlaub; er mag aber auf sein neus ai,gen auf ewner erd pawn was er wil zwair gaden hoch ist an umgeng wer vnd zimen vnd ain graben darumb neun schuech weit vnd siben schuech teuft vnd nicht mer, im er!,aub es dan der landesherre." Im Schwabenspi,egel hat der diesbezügHche Artik,el folgenden Wort- laut: ,,An des lantrichters vrlaub mag niemant wol graben in die er,d als teuf als ain man mit einer schauff.el aufgeschiessen mag die erd also das er kainen schamel mach, man mag wol pauen an sein vrlaub dreier gaden hoch mit holcz oder mit stainen ob der erd an zinne vnd an prustwer vnd an ercker vnd an alle wer, man mag auch ann sein vrlaub ainen hof an ebner erd vmb vahen mit ainer maur so ain man siezet auf ainem ros.s da,s sy als hoch sey da,s er wol zu obrist mit der hant an oinne vnd an prustwer vnd aller siachtunge vestund." Im Sachsen- spiegel heißt es: ,,Von Vestenvnge: Man muz auch wol buwen ane sin vrlob (des Landesherrn) mit holcze oder mit steinen drier dile ho vber ein and, eine binnen d'erden die andern zwo vber der erden, so daz man eine tur habe in dem nidere gademe vber der erden knies ho." Außer der Bezeichnung „Siez" kommen noch die verschiedensten Benennungen, wie „Gesäzze", ,,Ansidel", ,,Sedel", ,,Ansicz", ,,Haws" u.ä. vor; vielfach heißt es überhaupt nur „gesezzen zw" oder „da ich (wir) aufgesezzen bin (sind)" oder „da ich (wir) hauslich aufgesessen bin (sind)" bei gleichze>iti,ger Nennung des Sitzes mit seinem Namen. Ob diese Begriffe in das Sprachgut der Bevölk,erung (der Grundhalden) eingegangen s,ind, ist fraglich, denn in den meisten Fällen hängt an der Lagestelle eine andere Benennung, wie „Schlößl", ,,Gschlößl", „Hochhaus" oder „Burgs,tall". Namen von längst abgekommenen Burgen sind dagegen noch geläufi.g, werden aber meistens mit dem Beiwort „Burgstall" benannt. Außer diesen Sitzen, die keine Wehranlagen waren und auch nicht sein durften, gab es auch noch unbewehrte Türme (Wohntürme), fre,istehend auf natürlichen Hügeln, ohne vorgelegten Graben oder Mauer. über diese wissen wir fast gar nichts, blieb doch nur ,ein einziger, und der al 1 s Ruine, erhalten. Da sie ebenfalls unbewehrt war·en, dürften sie auch unter diesen Artikel (58) des österreichischen Landrechtes gefallen sein, denn der Bau von Burgen war ein Regal de,s Landes- herrn und bedurfte dessen Genehmigung; in den vorgenannten Rechtsbüchern wird (1) oöLA, NE Hs 106, fol. 37; (2) MGH, Fontes iuris Germ .Ant.N .S. 4/1,2, S. 247; (3) oöLA, Musealarch., Hs 1, fol. 47; (4) Laßberg, Schwabenspiegel, S. 68; (5) A. Dopsch, Entstehung und Charnkter des österreichischen Landrechtes, S. 58. Vi

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