Führer durch das Chorherrnstift St. Florian

Schon zur Zeit Maria fheresias machten sich im Staate kirchenfeindliche Bestrebungen bemerkbar. Unter Josef II. kamen sie zum vollen Durchbruch. Die Kirche sollte der staatlichen Macht untergeordnet werden. Deshalb maßte sich der Staat auf dem Gebiete der kirchlichen Gesetzgebung Rechte an, die ihm nicht zustanden. Immerhin haben sich im Laufe der Zeit manche Änderungen als nützlich erwiesen, so die Errichtung neuer Bistümer, Pfarreien und Schulen, die Abstellung verschiedener Auswüchse und Mißbräuche. Um die gegründeten Bistümer dotieren und die Pfarren erhalten zu können, stand der Kaiser nicht an, Klöster aufzuheben . Pius VI., der den Kaiser eigens besuchte, konnte es nicht abstellen. Aber St. Florian hatte die Freude und Ehre, den Papst in der Nacht vom 23 . auf 24. April 1782 zu beherbergen. Auch St. Florian sollte aufgehoben werden . Der Landrat Eybl wollte den Propst bereden, auf seine Würde zu resignieren. Aber Propst Leopold Trulley ( 1777 - 1793) ließ sich nicht beirren. Mutig antwortete er dem schlauen Unterhändler: ,,Nie werde ich zum Verräter an meiner Braut werden." Trotzdem wurde das Stift aufgehoben und der Propst hatte durch 5 Jahre nur die administratorische Verwaltung. Doch kam am 1.10.1784 an das Stift die Mitteilung, daß seine Majestät angeordnet habe, daß das Stift nicht aufgehoben werden solle, sondern daß es den Überschuß an den Religionsfond abzugeben habe, die Seelsorge weiter leisten müsse und die Kleriker nicht entlassen brauche. Diese wurden allerdings an das Generalseminar in Wien geschickt. Es mußten alle Weingärten und die Lesehöfe in Krems, Kritzendorf und Königstetten verkauft werden, alles Stiftssilber (Gerätschaften, Becher etc. ) im Gewicht von 711 Pfund, der ganze Kirchenschatz im Werte von 10.142 fl. abgeliefert werden . Damals sind die letzten wertvollen Kunstschätze zugrundegegangen. 1811 mußten anläßlich der Silberablieferung auch die Gebrauchskelche abgegeben werden, so daß Glaskelche zur hl. Messe genommen werden mußten. Das Hausstudium mußte aufgelassen werden, dafür wurde dem Stifte aufgetragen, einige wissenschaftliche Fächer besonders zu pflegen. St. Florian wählte Bibelstudium, Profangeschichte und Münzkunde. Die Filialkirchen in Samesleiten, Rohrbach und Kurzenkirchen wurden aufgehoben und mußten abgetragen werden. 1785 wurde das Stiftshaus in Linz beschlagnahmt und erst 1792 zurückgegeben. Mit dem Tode des Kaisers war die Gefahr überwunden. Die kommenden Herrscher bezeigten dem $tifte wieder ihr Wohlwollen, Franz I. übergab dem Propst Leopold die Würde des Erbhofkaplans, die bislang der Abt von Garsten bekleidet hatte. Propst Michael Ziegler (1793- 1823) studierte in Rom, war Bibliothekar und Novizenmeister und übte auf seine Schüler einen so nachhaltigen Einfluß aus, daß er sie nicht bloß für Frömmigkeit und Theologie, sondern 16

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