Geschichte der Freidenker -Die Freidenkerbewegung in Steyr

Wolfgang Hack, im März 2015 14 „So war es die scharfe Waffe des Kirchenaustrittes, die wir Freidenker unermüdlich schwangen, so war es unsere Propaganda, die wir unentwegt trieben, die Österreich von der Herrschaft Seipels befreite. Sein Sturz ist nicht zuletzt unser Werk.14 Am 4. April 1930 beschloss der Nationalrat das Bundesgesetz zum Schutz der Arbeits – und Versammlungsfreiheit (Antiterrorgesetz) um die „Politische Freiheit in den Betrieben zu sichern und Gesinnungszwang auszuschalten“. Die Freidenker sahen darin eine Einschränkung der gewerkschaftlichen Freiheit, gegen deren Referenten wurde eine Reihe von Anklagen wegen Gotteslästerung erhoben. Im November 1930 gab es auf Initiative der Bischöfe wieder Gespräche über die Schaffung eines neuen Konkordates. Mitte April 1931 fand in Salzburg eine außerordentliche Bischofskonferenz statt, in der es hauptsächlich um das herrschende „Ehewirrwarr“ ging. Ein Großteil des Klerus war gewillt, die fakultative Zivilehe als geringeres Übel hinzunehmen, da man weitere Kirchenaustritte befürchtete. Der Vatikan wollte einer Ehereform nicht zustimmen, im Konkordatsentwurf vom August 1931 begehrte der Apostolische Stuhl zusätzliche finanzielle Leistungen des Staates an die Kirche. Bereits am 31. Dezember 1930 hatte der Papst die Enzyklika „casti conubii“ veröffentlicht. Nach ihr habe der Hauptzweck der Ehe auf die ungehinderte Fortpflanzung hingeordnet zu sein. Jede bewusste Verhütung einer Schwangerschaft sei ein Verbrechen, jede Abtreibung Mord. Sache jeder staatlichen Autorität müsse daher sein, „durch zweckmäßige Gesetze und Strafen“ das Leben ungeborener Kinder zu schützen: “sollte jedoch die öffentliche Gewalt diesen Kleinen nicht allein Schutz versagen, vielmehr durch ihre Gesetze und Verordnungen den Händen der Ärzte und anderen zu Tötung überlassen und ausliefern, dann möge sie sich erinnern, dass Gott der Richter und Rächer unschuldigen Blutes ist, das von der Erde zum Himmel schreit.“ Durch die Wirtschaftskriese hatte sich die Situation des FBÖ mehr und mehr zugespitzt. Die Mitgliederzahl sank weiter ab und fiel Ende 1932 auf 30.000 „und davon machten die Arbeitslosen schon mehr als 50% der Vollzahler aus“.15 Im Februar 1933 wurde noch mit einer Plakataktion für den Kirchenaustritt geworben, deren Inhalt dann von der Behörde für das Verbot des Freidenkerbundes herangezogen wurde. Nach der „Selbstausschaltung des Parlaments“ am 4. März 1933 folgte Schlag auf Schlag gegen die „marxistische, materialistische Volksverführung“ und für den „sozialen, christlichen, deutschen Staat Österreich auf ständischer Grundlage unter starker, autoritärer Führung!“16 14 Freidenker, Juni 1929, Seite 89 15 Jahrbuch der Arbeiterbewegung 1932, Seite 362 16 E. Dollfuß, 11. September 1933, Trabrennplatzrede

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