Rätsel um den Kürnberg bei Linz

bloßem Augenschein nicht möglich. War es eine Verteidigungsanlage gegen Angreifer, die vom anderen Ufer über die Donau kamen? Druck erzeugt bekanntlich Gegendruck! Dann mußte also am nördlichen Donauufer eine Gegenanlage sein. Da im Jänner wegen gefrorenen Bodens und Schneelage an Grabungen nicht zu denken war, sah ich mir zusammen mit Messenböck das nördliche Ufer genauer an. Das Ergebnis waren ganz gewaltige ge1·1nanische Verteidigungsanlagen, wie ich sie in Abb. 1 mit der Ziffer 101 skizziert habe. Mithin war die Möglichkeit römischen Ursprungs für die erwähnten Mauerreste gegeben. Nach Einho·lung der Erlaubnis zum Graben und zur Fällung der Bäume vom Kloster Wilhering nahm ich am 31. Mai 1936 die Grabung auf. Nach Entfernen einer 60 bis 100 cm dicken Schichte von Bruchsteinen und Walderde kam eine 11 bis 30 cm dicke Schichte aus zerbrochenen Dachziegeln zu Tage. Die Dachziegel waren der schwere tegulus und ·der leichte Regenschützer, der im·brex, also römische Dachdeckung. Ein Rundstempel mit den Buchstaben AL wies auf ,den römischen Ziege·lofen bei der Mühlbachbrücke, Ziffer 29 in Ab·b. 1, hin, den die Reiterschwadron der II. römischen Legion errichtet hatte, von dem aus die Römersiedlung in den Griften von Edramsberg, dem Sitz der Reeder der römischen Handelsflotte von Schönering, mit Ziegeln b·eliefert wurde, ebenso der Burgus an Stelle des heutigen Burschenschaftsturmes, des Reiterlagers an Stelle des heutigen Landestheaters, die Siedlung Linz-Lentia, der römische Kriegshafen, das große Legionslager in Lorch-Lauriacum und an·dere Baulichkeiten mehr. Das Ausmaß de·s römischen Bauwerkes zeigt .Abb. 8. In Ecke A war ein Podest, vermutlich setzte dort die Stiege zum Obergeschoß an. Daß der Turm ein Obergeschoß hatte, ist auch deshalb wahrscheinlich, weil Bruchstücke von terra sigillata gefunden wurden, al·so ein römischer Offizier hier stationiert war, und schließlich aus der Menge der abgestürzten Mauersteine. In der Ecke B war die Feuerstelle und in Ecke D die Eingangstüre. An der Außenecke D wurden auch Knochen und Bruchstücke von provinzialrömischen Gefäßen und von terra sigillata gefunden. Im Innern wurden in der Nähe der Feuerstelle gefunden: 11 Gefäßscherben, 42 9 Tierknochen von Hau-stieren (Schwein un·d Rind) und von Wild (Wildschwein oder Wisent), 2 schwere eiserne Nägel, 1 Griffelspitze aus Horn, 3 flache Rundsteinchen (vermutlich für Mühlfahren), 1 Wetzstein aus Talk-schiefer, 1 Schleifstein aus Serizitquarzit, 1 Abziehstein aus Horn, sowie Holzkohle und Asche.

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