Anklageschrift gegen Alfred Engleder 1958

18 woran im Hinblick auf die bereits erfolgte Ankündigung eines solchen Vorhabens dem Mädchen ge- genüber und seine Handlungsweis in den früheren Fällen nicht gezweifelt werden kann. Der Beschuldigte hat somit auch in Ansehung dieses Faktums das Verbrechen der versuchten Not- zucht nach § 8.125 zu verantworten, wobei die Tat einen wichtigen Nachteil der H. S. an ihrer Gesund- heit zur Folge hatte. Was die Zurechnungsfähigkeit des Beschuldigten betrifft, so wurden in der Voruntersuchung Gut- achten von 2 Psychologen und 2 Psychiatern eingeholt. Aufgrund dieses Sachverständigengutachtens erwies sich der Beschuldigte als psychopathische Persönlichkeit mit sadistischer Zügen und starker Geltungssucht. Bittere Erlebnisse in der Kindheit und die nach beendeter Körperreife fühlbar gewor- dene Kleinwüchsigkeit mögen etwas zur abwegigen Entwicklung beigetragen und zur Herausbildung eines Minderwertigkeitskomplexes geführt haben. Aus diesem entwickelte sich einerseits das Streben nach geistiger Fortentwicklung und werktätiger Arbeit, andererseits aber ein Vergeltungsgelüst, als er bei Frauen nicht den erwarteten Anklang gefunden haben will. Mit intellektuellen Fähigkeiten ausge- stattet, die den Durchschnitt seiner Bildungsstufe überragen, liegt seine Abwegigkeit auf dem Gebiete des Sexuellen. Sein Vergeltungsbedürfnis begann in den letzter Jahren mehr und mehr sich in einer ganz bestimmten Richtung zu fixieren und machte ihn, in Verbindung mit seinem Minderwertigkeits- komplex zum Frauenhasser in überdimensionalem Ausmaß, ausgeweitet auf das gesamte weibliche Geschlecht. Sein mit starken sadistischen Zügen ausgestattetes Geschlechtsleben in Verbindung mit der, aus Minderwertigkeitskomplexen erwachsenden Vergeltungssucht, führte bei dem ungezügelten und hemmungslesen Beschuldigten zu den Angriffen auf weibliche Personen, die auch mit dem Gelüste verbunden war, die Umwelt in Angst und Schrecken zu versetzen. Beim Beschuldigten sind keinerlei Anzeichen für das Bestehen einer Geisteskrankheit oder für das Vorhandensein einer paranoiden Wahnbildung vorhanden. Ebenso ist auszuschließen, dass er zur Zeit seiner verbrecherischen Taten vorübergehend geistesgestört oder berauscht gewesen wäre. Der Beschuldigte war sich stets des Ver- brechenscharakters seiner Handlungen bewusst. Auch kein blinder Drang beherrschte ihn, denn er war so sorgsam bedacht, sich zu decken und wo und wann ihm die Situation in dieser Hinsicht nicht genü- gend sicher erschien, ließ er von seinem Vorhaben ab. Bei keiner seiner Untaten bestand bei ihm ein Zustand aufgehobenen oder getrübten Bewusstseins. Er handelte vielmehr jedes Mal planmäßig, wog seine Chancen ab, achtete sorgsam auf mögliche äußere Störungsmomente und ergriff, wo ihm Gefahr drehte die Flucht. Ende der Anklageschrift.

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