Das Ennskraftwerk Garsten - St. Ulrich

Zu 1.: Auf Grund der Einreichung vom 20. Dezember 1961 wurde das Projekt mit Bescheid des BMfLuF vom 14. April 1963 zum bevorzugten Wasserbau erklärt. Wenn auch in der heutigen Zeit eines ausreichenden Energieangebotes strengere Maßstäbe an die Erteilung einer Bevorzugungserklärung angelegt werden als während der Energieknappheit der Nachkriegszeit, konnte die Bevorzugungserklärung ausgesprochen werden, da durch dieses Projekt die zwischen den Kraftwerken Rosenau und Staning im Ausbau der Enns noch vorhandene Lücke, die die volle Ausnützung der Vorteile verhindert, die eine geschlossene Kraftwerkskette bietet, geschlossen wird. Außerdem gestattet die Verwirklichung des Projektes in der erwähnten Flußstrecke an sich die Gewinnung einer beachtlichen Energieausbeute. Bereits am 12. April 1963 wurde das Projekt verhandlungsreif der Obersten Wasserrechtsbehörde vorgelegt, die nach Durchführung der Bewilligungsverhandlung vom 29. bis 31. Oktober 1963 am 12. Mai 1964 den Bewilligungsbescheid erließ. Es soll davon abgesehen werden, Einzelheiten der Wasserrechtsverhandlung zu erörtern. Jeder, der solche Verhandlungen mitgemacht hat, weiß, daß vor allem versucht wird, die verschiedenen Interessen unter der Führung der Behörde einander näher zu bringen, um eine Bewilligung vorzubereiten, die tiefgreifende, gegen einzelne Interessen gerichtete Vorschreibungen überflüssig macht, zumal ein Bescheid der Obersten Wasserrechtsbehörde keinem ordentlichen Rechtsmittel mehr unterliegt. Interessengegensätze, die zwar den Kraftwerksbau nicht unmittelbar, aber doch mittelbar berühren, ergaben sich durch die Abschneidung der Flußschlinge der Enns längs des Marktes Garsten und die Errichtung des Kraftwerkes samt Durchstich eines neuen Flußbettes auf dem Gemeindegebiet St. Ulrich. Wenn auch hierdurch die Gemeindegrenzen nicht unmittelbar berührt wurden, entstanden durch die geplante Trockenlegung des alten Flußbettes und die hierdurch geschaffene Ausdehnungsmöglichkeit für die nach dieser Seite beengte Marktgemeinde Garsten eine Anzahl beide Gemeinden berührende Fragen, die nach längeren Verhandlungen einvernehmlich gelöst wurden. So konnte schon anläßlich der Bewilligungsverhandlung der Ausbau der im Einreichungsentwurf vorgesehenen Brücke zu einer öffentlichen Verkehrsverbindung durch entsprechende Beitragsleistungen der Interessierten sichergestellt werden. Hinsichtlich des erwähnten, trocken fallenden alten Ennsbettes sieht die Bewilligung vor, daß unsere Gesellschaft das neue Ennsbett in das öffentliche Wassergut zu übertragen hat, wogegen uns das alte Ennsbett, soweit es nicht für die Ableitung des sogenannten Garstnerbaches benötigt wird, zufällt. Wir sind allerdings verhalten, dieses im Einvernehmen mit den Gemeinden und der Landesplanung für öffentliche Zwecke, insbesondere zwecks Ausgestaltung als Er- holungsflächen, abzutreten. Dieser Bestimmung wird dadurch entsprochen werden, daß, wie an anderer Stelle bereits geschildert, im alten Ennsbett eine Badeanstalt und weitere Erholungsanlagen durch die Gemeinde Garsten bzw. den Verschönerungsverein errichtet werden. Das Kraftwerk sowie der Stauraum liegen im unmittelbaren Bereich des Marktes Garsten und der Stadt Steyr, wodurch sich eine verhältnismäßig dichte Besiedlung ergibt. Um die Umsiedlungen in geordnete Bahnen zu lenken, wurde von der vor allem betroffenen Gemeinde Garsten ein Flächenwidmungsplan erstellt, der im wesentlichen in der Ortschaft Sand, an der Mündung des Dambaches, die Bildung eines neuen Siedlungszentrums vorsah. Hierdurch wurde dem Hinweis des Bescheides Rechnung getragen, wonach bei den erforderlichen Umsiedlungen im Zusammenwirken mit Gemeinde und Landesplanung die möglichste Berücksichtigung der gewünschten Siedlungs-, Markt- und Verkehrslage anzustreben ist. Es bleibt noch zu erwähnen, daß einzelne technisch heikle Gebiete einer Detailplanung vorbehalten blieben. Zu 2.: Durch den rund 13 m hohen Aufstau der Erms wurden vor allem am linken Ennsufer, im Mündungsgebiet des Dambaches und in einem geringeren Umfang auch am rechten Ennsufer Häuser bzw. Liegenschaften eingestaut. Es handelte sich hier um vier Landwirtschaften, drei Gewerbebetriebe, der Rest entfiel auf Wohnhäuser, überwiegend Einfamilienhäuser, wobei die Einteilung nach dem vorwiegenden Verwendungszweck getroffen wurde, zumal in ländlichen Gebieten häufig Landwirtschaft und mehrere Gewerbe zugleich betrieben werden. Das eingelöste Grundausmaß beträgt rund 52 ha. Mit Hilfe der Entschädigungssummen errichteten die Umsiedler unter Zuhilfenahme von Krediten, eigener Mittel oder durch ein entsprechend verringertes Bauvolumen Neubauten, womit sowohl den Forderungen der Betroffenen als auch den Wünschen der Gemeinden entsprochen wurde. Die meisten Neubauten wurden in der Nähe der Mündung des Dambaches (Ortschaft Sand) errichtet und bilden damit eine organische Fortsetzung des im unteren Teil ziemlich dicht verbauten Dambachtales. In dieser Ortschaft führen die unter Stau gefallenen Gewerbetreibenden in der Nähe ihres früheren Standortes ihren Betrieb am linken Ufer weiter. Eine Landwirtschaft, deren Hofstelle und wesentliche Flächen unter Stau fallen, wurde zur Gänze eingelöst, sodaß aus den vom Stau nicht betroffenen Restgrundstücken der Grundverlust einer zweiten kleineren Landwirtschaft, die ebenfalls samt ihren Baulichkeiten unter Wasser fällt, ausgeglichen und so die Möglichkeit zur Errichtung eines neuen Hofes in nächster Nähe des bisherigen Standortes geboten werden konnte. Schließlich konnte eine am linken. Ennsufer befindliche Landwirtschaft, deren Hofgebäude und wesentliche Teile des Grundbesitzes ebenfalls eingestaut werden, durch Zurverfügungstellung des unmittelbar angrenzenden landwirtschaftlichen Besitzes erhalten werden. Damit wurde dem Hinweis des Bescheides, wonach land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen womöglich in natura abzugelten sind, entsprochen. Insgesamt wurden 56 Grundeigentümer durch den Kraftwerksbau berührt. Die Enteignungs- und Entschädigungsverfahren konnten in allen Fällen, wenn auch oft erst nach langwierigen Verhandlungen, durch Übereinkommen abgeschlossen werden. Das bei anderen Kraftwerken gegebene und infolge der zumeist abgeschiedenen Lage der Kraftwerksbaustellen sehr schwierige Problem der Unterbringung von Mietern ist bei diesem Projekt praktisch nicht aufgetreten. Hingegen stellte die Trockenlegung der Ennsschlinge, welche bisher als Vorfluter für die Abwässer eines wesentlichen Teiles des Marktes Garsten einÜZE • Jhg. 21 • Heft 5 187

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