Die Stimme Österreichs - Heft 50 - 1952 - Steyr

grund an Siedlungsgenossenschaften und Einzelsied- ler versuchte die Gemeinde, dem Wohnungselend zu begegnen. Im Rahmen der vorhandenen finan- ziellen Möglichkeiten werden in der Stadt alle An- strengungen unternommen, um diese dringendste Aufgabe einer Lösung zuzuführen. Zu diesen Be- strebungen gehört auch die kürzlich durch den Gemeinderat beschlossene Gründung einer gemein- nützigen Wohnungsgesellschaft der Stadt Steyr zum sofortigen Bau von 84 Volkswohnungen. Bürgermeister Ingenieur Leopold Steinbrecher (Photo: K. Them, Steyr) Das kriegsbedingte unorganische Wachstum der Stadt stellte jedoch nicht nur Anforderungen auf dem Gebiete d esWohnungswesens, sondern auch auf allen ander en Gebie ten kommunale r Tä tigkeit. Se it 1946 konnt en 58 neue Schul räume gescha ff C'n wer- den. Steyr is t s to lz, in de r im S tadtt e il Müni chl1olz Prb,n1l e n Sc hulC', cli c im l lcrbs l 1950 der Be nüt zung libPrgc' b<' n w1m lc, <' in c de r modc' rn ' lC' n Schulen Oberösterreichs zu besitzen. Der Wiederaufbau und Ausbau des bombenbeschädigten Realgymnasiums allein erfo:rderte fast 2 Millionen Schilling. Andere dringende, der bedeutenden Bevölke- rungsvermehrung entspringende Erfordernisse waren der Bau einer würdigen Leichenhalle, eines Feuerwehrdepots, der Ausbau des Straßen- und Wasserleitungsnetzes, der Ausbau der Kanalisie- rung und der Bau von Brücken und Uferschutz- bauten, die bedeutende Summen erforderten. In einer Stadt, in der die meisten Frauen berufs- tätig sind, war es auch notwendig, ein besonderes Augenmerk der Unterbringung der vorschulpflich- tigen Kinder zu widmen. Die Zahl der Kindergärten wurde von zwei auf neun vermehrt, die Mutter- b e ralungsstellen von zwei auf vier erhöht. Wäsche- pake te an Jungmütter sollen die ersten Sorgen bei Ankunft eines n euen Erdenbürgers lindern. Die in allen Städten der Republik bei Kriegsende in Erscheinung getretenen besonderen Anforderun- gen an die Wohlfahrtspflege haben sich auch in Steyr als reiner Industriestadt in besonderem Maße ausgewirkt. Die außerordentlichen Beanspruchun- gen werden durch die nachstehenden Zahlen, die den Aufwand in sechs Nachkriegsjahren zeigen, illustriert: Jahr 1945 1946 1947 1948 1949 1950 Fürsorgeaufwand und bezügliche Verwaltungskosten S 3, 146.699,01 S 2,081.637,34 S 2,250.014,12 S 2,297.349,92 S 2,691.987,92 S 3,516.334,18 Es ist eine schwere Aufgabe, die gewaltigen Lei- stungen aller Bevölkerungskreise der Stadt und ihrer in die Stadtgemeinde in freier Wahl ent- sandten Vertre ter entsprechend zu würdigen. Noch 1945 stand die Stadt vor dem Nichts, unsicher schien di e Zukunft. Eise rner Aufbauwille, getragen v o n h ohem V eranlwor lungsgefühl, hat es ermög- Ji chl, dieses in kurzen Zeilen geschilderte Aufbau- w erk zu ers lellen; der steyrische Lebenswille wird sich a uch in Zukunft durchsetzen. Von Dipl.-Ing. Hans Wiesner, Baudirektor der Stadt Steyr Im Zentrum der Alt- und Vorstädte stehen heute noch die Denkmäler und Zeugen einer vergangenen Baukultur. Die Raumordnung läßt eine städtebau- liche Entwicklung erkennen, wie wir sie in noch vielen anderen mittelalterlichen Städten und Märk- ten des innereuropäischen Raumes finden, und uns den Beweis eines kunstfreudigen Schaffens unserer Vorfahren in oft höchster Vollendung zeigen. Am Fuße des Höhenrückens, auf dem die alte Styraburg, das heutige Schloß Lamberg, steht, breitet sich, mehr den Ufern der Enns und Steyr zustrebend, die innere Altstadt mit den vielen ro- manischen, gotischen und barocken Geschäfts- und Handelshäusern aus, wovon viele um die Wende des 15. Jahrhunderts erbaut wurden. Diese Pracht- bauten, von Geschäfts- oder Handelsherren errich- tet, geben Kunde von einer Blüte regen Geschäfts- lebens und handwerklichen Treibens vergangener Zeiten. 8 DlE STIMME ÖSTERR EICHS All dies und nicht zuletzt der bauliche und be- engte nutzbare Widmungsraum im Schutzbereich zwischen dem Zusammenfluß der Enns und Steyr, dem Neutor, dem ehemaligen Gilgentor und dem Zwinger, entlang der heutigen Promenade, beein- flußte die städtebauliche Entwicklung der Altstadt. Ohne Bebauung, Verkehrs- und Widmungsplan, gleichsam aus einem glückhaften Schönheitsempfin- den und Kunstsinn heraus, wurde, begrenzt von zahlreichen schönen Bauten, ein etwa 200 Meter langer und bis zu 40 Meter Breite anwachsender Marktplatz in vollendetster Baugestaltung geschaf- fen und eine Baukultur im edelsten Sinne des Wortes gepflogen. Die Bodengestaltung der Stadt mit dem terrassen- förmigen Aufbau und die natürliche, durch die bei- den Flüsse Enns und Steyr gegebene Flächenein- teilung, durch welche willkommene Freiflächen, wie Wasser- und Grüngürtel, entstanden, führte zur

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