Die Stimme Österreichs - Heft 50 - 1952 - Steyr

Blütezeit und Niedergang eines alten Handwerkes Von Dr. Irmgard Hack An den Hängen des Damberges in Unterwald bis hinab in die lieblichen Täler des Raming- und Dam- baches sieht man heute fast bei jedem Haus eine kleine verlassene Werkstätte, deren Inhaber zur uralten Klingschmiedeinnung in der Raming ge- hörten. Das Alter dieses Handwerkes der Raminger- und Steyrer-Klingschmiede, die mitsammen auf das engste verbunden waren, geht bis in urdenkliche Zeit zurück. Es handelte sich hier durchwegs um Bauern, die in ihrem Hauptberuf das Klingschmiede- handwerk betrieben und überdies Grund und Boden bebauten. Von früh bis abends sprühten die Essen und klan- gen die Hämmer dieser fleißigen Schmiede, die ihre fertigen Erzeugnisse, geschmiedete Messer und Gabelklingen, nach Steyr zur Weiterverarbeitung lieferten, da einGroßteil der Steyrer Messererinnung Die Klingenschmiede waren kräftig und sehnig, meist nicht sehr groß, wortkarg und ernst. In das stille verschlossene Leben der Schmiede kam aber dennoch oft Heiterkeit. Bei reicher Obsternte halfen die Schmiedgesellen beim Mostpressen. Als Dank wurde ihnen Trunk, Brot und Fleisch aufgetragen und sie verbrachten diese Abende bei Gesang und Tanz bis in die späte Nacht hinein. Oft wurde die friedliche Stille des Damberges durch einen über- mütigen Jauchzer eines Schmiedgesellen gestört. Besonders hoch ging es bei dem Heumacherfest her, wie ein Chronist um 1700 berichtet. Zur Heuernte- zeit versammelten sich Schmiedgesellen, Knechte und Mägde frühmorgens zur Arbeit auf einer großen Wiese am Damberg. Als Lohn winkte Bier, Brot und kaltes Wildbret, das in einem Forsthaus am Dam- berg verabreicht wurde. Jauchzer und Lieder er- schallten, überall herrschte Lust und Freude. Spät- abends kamen noch Musiker hinzu und mit Jubel und Tanz ging es in die Nacht hinein. Manchem wurde dann der Kopf zu schwer, die Beine wollten nicht mehr gehorchen, so daß die übermütigen Ge- sellen, unter dem Gelächter der anderen, mit dem Heuschlitten zu Tal gebracht werden mußten. Wie uns alte Urkunden berichten, bestand zwi- schen den Schmieden oft Zank und Streit wegen der Preise, der Qualität der Waren und dem Verkauf. Nicht selten mußten die regierenden Fürsten um Beistand angerufen werden. Die Raminger Klingschmiedeinnung gehörte mit zu den ältesten Innungen, die früher Zünfte genannt wurden. In dieser_ Innung waren alle Klingschmiede die Rohklingen von den Schmieden der Raminger vom Damberg und der Raming zu einer Art Berufs- Innung bezog. Es war ein schwerer Beruf, mußte doch der Stahl auf beschwerlichem, oft tiefver- schneitem Weg in meist hochgelegene Werkstätten gebracht werden. Das Schmieden selbst erfordert nicht nur größte Kraftanstrengung, sondern auch weitgehende Fachkenntnisse. Die Messer wurden in verschiedenen Formen verlangt und auch geliefert. Zur Herstellung dienten nichts anderes als Amboß, Hammer und einfache Gesenke. Damit wurden kunstvoll geschmiedete Klingen von einer Gleich- mäßigkeit hergestellt, die der hP.11tigP.n fahrik- mäßigen Ware nicht viel nachstanden. Es wurden Klingen für Küchenmesser, Gabeln, Eßbestecke, aber auch Klingen für Schlachtmesser, Hirschfänger und Jagdmesser erzeugt. Die berühmten Husaien- säbel, mit der Inschrift „Fringia", waren auch ein Erzeugnis der Raminger Schmiede. Die Schmiede- waren wurden meist an einem Donnerstag von den Meistern geliefert und von Mann oder Frau in Buckel- oder Kopfkörben zu Tal gebracht und im Bürgerspital der Stadt Steyr abgeliefert. Von dort wurde die Ware von den Messerern, für die sie be- stimmt waren, abgeholt und weiterverarbeitet. (Zt::it.hnuuyen von Josef Drdusinger) genossenschaft vereinigt. Alljährlich wurde in ihrer Herberge (dem heute noch bestehenden Gasthaus Gloiber) am Sonntag nach St. Michael der Jahrtag mit der ganzen Fröhlichkeit der damaligen Zeit vor der geöffneten Innungslade abgehalten. Aus den Meistern wurden der „Zöchmeister" und zwei Bei- sitzer gewählt, die die ganzen Geschäfte führten. Der erste Geselle hieß der Vürgeselle, der wiederum die Interessen der Gesellen am Jahrtag zu vertreten hatte. Bei diesem Jahrtag wurden sowohl Meister als auch Gesellen freigesprochen. Ihr Wahlspruch DIE STIMME 21 ÖSTE.RREICHS

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