Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

Peter Banniza9 , Martini und vor allem von Paul Joseph von Riegger, dem ideologischen Begründer des josephinischen Staatskirchenrechts. Am 30. April 1773 verteidigte Eybel im großen akademischen Hörsaal der Wiener Universität verschiedene „wohlgewählte Sätze aus allen Teilen der Rechtsgelehrtheit" zur Erlangung des juridischen Doktorgrades. Oppugnanten - also Gegner im gelehrten Disput - waren der k.k. wirklid1e Kämmerer Joseph Kinsky Graf von Chinitz und Tettau, der Kämmerer Johann Graf Clari-Altringen, der Dogmatiker der Theologischen Fakultät Petrus Gazzaniga, ein Dominikaner, dann der gewesene Rector magnificus Praitenaicher von Praitenau (Breitenau), Dr. theol., Examinator caes. reg. & Censurae Librorum Adsessor - in dieser Eigenschaft sollte er Eybel später noch unangenehm werden - und schließlich Franz Trenckher, Doktor beider Rechte. Ihre Einwürfe habe Eybel zur Zufriedenheit aller Anwesenden mit bewunderungswürdiger Leichtigkeit und Nachdruck beantwortet. Seine gründliche Wissenschaft und der bescheidene, für die Rechte des Landesfürsten wie der Kirche und Geistlichkeit gleich eifrige Vortrag hätten dem gelehrten Defendens den Beifall aller Zuhörer erworben, weiß das Wiener Diarium zu berichten10 . Der alternde Riegger wünsd1te Eybel als Substitut. Der Direktor der Juridischen Fakultät, Johann Franz Baron von Bourgignon und Baunberg, brachte das Ansuchen bei Hof ein, wo es genehmigt wurde. Eybel begann so schon 1772 mit der Supplierung von Rieggers Kirchenrechtsvorlesungen11 . Gleich nach Eybels Doktordisputation, am 1. Mai 1773, trat Riegger aus seinem Amt zurück12 . Da man keine Hoffnung auf Rieggers Wiederherstellung hegte, übertrug man Eybel mit dem Titel eines außerordentlichen Professors die Kirchenrechtslehrstelle. Das Wiener Diarium weiß uns zu berichten, dies sei einmal wegen seiner Fähigkeiten geschehen und zum anderen, weil er bereits „mit allgemeinem Beifall" ein Jahr lang Riegger vertreten habe13 . Der wenn schon nicht eigentliche große, so doch aufgrund seiner Stellung und offiziellen Leistung für groß gehaltene Joseph von Sonnenfels gab Eybel für die äußere Gestaltung der Vorlesungen ein Vorbild ab. Er habe Sonnenfelsens Lebhaftigkeit im Vortrag auf eine Weise übertrieben, daß sie zur offenbaren Charlatanerie ausartete, weiß uns der dem Josephinismus durchaus abholde Historiker der Wiener Universität, Kink, zu erzählen, und fügt daran: ,,Analoge Ursachen müssen auch analoge Wirkungen hervorbringen. So wie bei Einführung des Humanismus, so kamen auch 9 1707 - 1775, sei t 1755 oProf. der Rechte in Wien. Vgl. Baader I/1, 1824, S. 30 - 32. 10 Nr . 36 v. 5. 5. 1773. 11 Ne v. 17. 7. 1778, S. 113. 12 Kink I, S. 534. 13 Nr. 40 v. 19. 5. 1773. 20

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