Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

und des Papstes58 und eben Eybels Was ist der Pabst? Aber in diesem Zusammenhang ist es nicht unerheblich, die Reaktion des Rezensenten der sehr aufgeklärten Oberdeutschen allgemeinen Literaturzeitung59 dazu festzuhalten. Er blickte auf das Werk, das ein Dutzend Jahre vorher noch in den Himmel erhoben worden war, geringschätzig herab60 . Man kann nicht übersehen, daß die aufgeklärte katholische Theologie deutscher Lande im Jahrzehnt nach Joseph II. unter dem Einfluß von kritischer Philosophie und unter dem Eindruck der politischen Ereignisse bereits subtiler, vorsichtiger und differenzierter geworden war. Und wärmt nicht die neueste Zeit schon längst - und wahrscheinlich mit mehr Belesenheit in den Quellen besser Gesagtes wieder auf? Ein Beispiel dafür ist ein vor wenigen Jahren erschienenes Werk von Fritz Leist61 . Nach der kurzen Lektüre einer Besprechung enthob ich mich der Mühe, dies zu lesen; das besorgte ich lieber beim Febronius! Es erfordert einige Mühe, sich durch die Masse jenes Schrifttums hindurchzukämpfen, welches gegen die päpstlichen Ansprüche und für und wider Was ist der Pabst? veröffentlicht wurde. Dabei läßt sich nicht in jedem 58 (Andreas Zaupser), Briefe eines Baiern an seinen Freund, über die Macht der Kirche und des Pabstes. (München) 1770, 136 S. - StB Kremsmünster. Zaupsers Briefe eines Baiern wurden am 6. 6. 1770 vom Salzburger Ordinariat verboten und vom bayr. Episkopat auf dem Salzburger Kongreß zusammen mit Veremund von Lochstein und einer weitestaatskirchlich eingestellten Schrift verurteilt. Vgl. H . Raab in ZSKG 1969, I/II, S. 194. 59 OaLZ CXL v. 25. 11. 1795, Sp. 1042. 60 Ebenda: ,Ob Eibe! hier genannt zu werden verdiente, mag eine andere Frage seyn. Ueberhaupt wohl; aber mit jenem Schriftehen, wie mit den übrigen WAS, war nicht viel ausgerichtet; sie erbitterten vielmehr . . .' Allerdings wäre auch verständlich, warum Eybel in Salzburg nicht eben beliebt war: oblag ihm doch gegen Passaus Interessen die Durchführung der Diözesangründung von Linz wenige Jahre zuvor! Daß es im Fürsterzbistum Salzburg nicht freundlich gestimmt haben mag, daß Eybel die Rechte des benachbarten Fürstbistums Passau so beschnitten hatte, läßt sich in jener Zeit denken, wo die Säkularisation der geistlichen Territorien schon am Horizont wetterleuchtete. 61 Fritz Leist, Der Gefangene des Vatikans. Strukturen päpstlicher Herrschaft. München: Kösel 1971. Die kurze Inhaltsangabe (nach Entschluß XXVII/4, Jänner 1972, S. 187): Der Verfasser will durch sein Werk mithelfen, die eigentlichen Strukturen des Papstamtes oder Papsttums wiederfinden. Seine Thesen (etwas verkürzt): 1. Sowohl die exegetische wie die historische Argumentation des 1. Vatikanums, der römische Bischof sei der Nachfolger des Symeon Kephas, ist nach heutigen Erkenntnissen nicht haltbar. 2. Besonders die rein juristische Auslegung des Felsenwortes an Symeon als Jurisdiktionsprimat hat im Neuen Testament keine Basis. 3. Die dogmatische Fixierung der Lehre vom Jurisdiktionsprimat und der Infallibilität sind ein unübersteigbares Hindernis auf dem Weg zur Einheit der Kirche Christi . 4. Solange die Dogmen als absolute, unfehlbare und unveränderliche Aussagen angesehen werden, verhindert das 1. Vatikanum jeden innerkirchlichen Fortschritt. 5. Das gleiche gilt für die Tabus des Papsttums, die das Petrusamt ebenso verdecken, wie die Machtstrukturen der Kurie es verfälschen .. .' 184

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