Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

auf eine Konfrontation nicht ankommen lassen; er sei bei dem gefaßten Entschluß, etwaigen „Verläumdern" nicht zu antworten, geblieben 28 . Was ist der Pabst? wurde auch ins Französische übersetzt, machte aber kein Aufsehen. Friedrich Nicolais Sprachrohr meinte2 9, der Inhalt der Schrift sei ja für Franzosen nicht neu; schon unter den Kardinälen Richelieu und Mazarin wären sie darauf bedacht gewesen, sich von Rom unabhängig zu machen. ,,Es sind eben hundert Jahre, daß die vier berühmten Decisionen von der gallikanischen Kirchenversammlung aufgesetzt wurden 30 ." Auch die jansenistischen N ouvelles ecclesiastiques bestätigten, daß Eybels Schrift in Paris in französischer Sprache gedruckt worden sei, daß diese aber gleich nach dem Erscheinen wieder vergessen war 31 . Das Werk war aber den Jansenisten und ihren Freunden sehr genehm. Sonst wäre es nicht erklärbar, daß Italiens großer Propagator jansenistischen Denkens, Bischof Scipione de' Ricci von Pistoja und Prato in der Toskana, die Schrift in seine 17 Bände (1783 - 1788) umfassende Sammlung von über 70 verschiedenen, oft jansenistischen Traktaten aufnahm32_ Dogmatik und Kirchenrecht der katholischen Aufklärung hatten Eybel den Weg geebnet gehabt. Die gallikanischen Autoren hatten zwar schon hundert Jahre und mehr vor ihm ähnliche Lehren vorgetragen, aber: in ähnlich knapper Form, unter Vermeidung von gelehrtem Apparat, hatte im katholischen Österreich und Deutschland noch niemand gewagt gehabt, den Papst derart anzugreifen und auf die Stellung eines Bischofs unter vielen herabzustimmen. Das Jahrzehnt von 1770 bis 1780 hatte das theologische Klima Österreichs schon für die Lehre aufnahmefähig gemacht, daß die Jurisdiktion der Bischöfe direkt von Gott herrühre 33 . Febronius war in josephinischen Kreisen kein Ketzer, im Gegenteil: man durfte ihn in diesem Jahrzehnt offen loben. Die aufgeklärten Kanonisten konnten damals selbstsicher 28 Ig. Thonhauser in: Katholischer Unterricht von der Ohrenbeicht, in: NS VIII, 1784, s. 41 f. 29 AdB 51. Bd., 2. Stück, 1782, S. 583. 30 Eine zeitgenöss. Ausgabe: Defensio Declarationis Conventus Cleri Gallicani An. 1682. De Ecclesiastica Potestate Auctore ... Bossuet ... wm nonnullis Notis. Nova Editio (nach der letzten Pariser Ausgabe) 2 Bde. Coloniae, Sumptibus Fratrum De Tournes MDCCLXXVI, XXXII+376, 342 S. - StB Kremsmünster. Vgl. A. Martimort, La Defensio declarationis de Bossuet devant l'Opinion, in BullLittEccl 1/2, 1937, S. 3 - 29; ders., Le gallicanisme de Bossuet, Paris 1953 (= Unam sanctam 24). 31 Ne v. 17. 4. 1787, S. 61: ,On l'imprima aussi a Paris traduit de l'Allemand, & il y fit tres-peu de sensation. Dcpuis 1782, date de sa publication, il etoit parfaitement oublie; des-lors on n'avoit pas a craindre qu'il en resultat aucun mauvais effet, quand il auroit ete inexact.' 32 Bolton, S. 29. Auch eine Untersuchung des Breves Super soliditate findet sich in dieser Sammlung (14 Bände); vgl. Bolton, S. 38. 33 Vgl. Ambrosius Maria Voglsanger (Servit), Jvrisdictio Episcoporvm proxime a Deo dedvcta . Oeniponte: Wagner 1779, 180 S. 177

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