Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

Kirchenrath zusammenzuruffen, als der erste der Bischöfe den Vorsitz dabey zu führen und seine Stimme und Unheil der erste zu sagen, welches doch alles so zu verstehen ist, daß die Bischöfe auch von selbst in eine allgemeine Versammlung zusammenkommen, oder von den christlichen Landesfürsten zu einer dergleichen Versammlung angehalten werden können, wo sodann der Pabst als Untergebener der ganzen Kirche ohne besondere erhebliche Ursache nicht wegbleiben darf ..." Verständlich ist es nun, daß man einen bloßen „Untergebenen der Kirche" keineswegs mit Pomp und Fanfaren in der Residenzstadt empfangen dürfe. Eybel läßt uns ganz milde wissen, wie er sich den Papstbesuch in Wien vorstellt5 : „Unbekümmert, wie in mittlerem Zeitalter die Päbste empfangen worden, werden sie sich ehrerbietig und bescheiden so vor Seiner beugen (d. i. die „ächten Kenner und Verehrer des Pabstes"), wie man sich vor einem andern Bischof beugt, wie man einem andern Bischof für seinen Seegen dankt . Es ist zwar nicht zu vermuthen, daß der Pabst als Pabst, und von päbstlichen Amtes wegen kömmt, weil bey uns nicht von Weitem eine Gefahr der Einigkeit, sondern vielmehr eine so gewisse Befestigung derselben ist, als die Abstellung der Mißbräuche und die Zurückführung der reinen Kirchenzucht die Christen im Glauben und guten Sitten einiger macht . .." Wenn es nach Eybel gegangen wäre, hätte Wien den Papstbesuch nicht anders registrieren brauchen als den Besud1 eines beliebigen Bischofs der Monarchie in der Residenzstadt . Der Papstbesuch sei eigentlich gänzlich überflüssig - diese Meinung suchte Eybel seinem Leserkreis sachte, aber sicher einzureden. Das Erscheinen der Papstbrosd1üre muß man in den Februar des Jahres 1782 setzen. Die Wiener Realzeitung rezensierte die Broschüre am 5. März 17826. Es war in jenen Tagen der frühen Preßfreiheit üblich, die Kleinschriftehen wenige Tage oder spätestens Wochen nach ihrem Erscheinen in den Zeitungen zu besprechen. Das aufgeklärte Wiener Organ anerkannte Eybels Intention voll und ganz und spitzte den Gehalt der Schrift nochmals zu: ,,Freilich ist es nicht notwendig, daß der römische Bischof Papst sei, freilich ist die Kirchenregierung vielmehr für republikanisch anzunehmen, wenngleich bei einer solchen Regierung ein Präses sehr nützlich ist, ohne daß deshalb der Papst eine Jurisdiktion in einer fremden Diözese, außer in gewissen außerordentlichen Fällen, ausüben darf." 5 Ebenda (Anm. 4), S. 46 f. 6 WRealZ Nr. 10 v. 5. 3. 1782, S. 146 - 149. 170

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