Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

auf das Tridentinum mit dem Banne gedroht39 . übrigens hatten die Apologeten vorzügliche Rückendeckung durch den in k.k. Landen eingeführten großen (Felbiger'schen) Katechismus, dessen Behandlung des Ablasses nicht orthodoxer sein könnte40_ Die konservativen Autoren tendierten - unrichtig - zur Annahme, der Ablaß sei schon so alt oder fast so alt wie die Kirche selbst. Unterricht vom Ablasse 14 ff. nennt 1 Kor 5 und 2 Kor 2 und die Exegese der Väter dazu als Belege für den Ablaß und nimmt auch die Strafnachlässe der alten Kirche (über die Fürbitte der mit dem Leben davongekommenen Märtyrer) als Ablässe 41 . Dies erhärtet wieder in einem Punkt mehr die Tendenz damaliger konservativer Autoren, jeden Aufweis einer allmählichen Entfaltung und Ausbildung als Angriff auf einen Glaubenssatz zu werten und alles krampfhaft bis in die Anfänge der Kirche zurückzuführen. Beispiel dafür mag analog auch dieser Satz sein: Wollte nun jemand behaupten, alle die in den erstem, oder späteren Zeiten ertheilte Abläße wären nur Nachlassungen der kanonischen Strafen gewesen, und nicht auch derjenigen, so einem im Gerichte Gottes zeitlich zu bezahlen bevorstünden, so hieße dieses eben so viel, als die heil. Kirche einer gebrauchten Hinterlist beschuldigen wollen 42 . Doch kennt das Werk, aus dem dieser Satz zitiert ist, den historischen Hintergrund der Ablässe in etwa, und harmonisiert ihn durchaus mit dem Tridentinum und traditioneller scholastischer Lehre, ohne diese Dinge gegenseitig auszuspielen. Die Tatsache, daß der Ablaß Nachlassung der einst üblichen Kirchenbußen ist und von dort herrührt, ist dieser Schrift auch geläufig und wird unter Berufung auf Benedikt XIV.43 durchaus pastoralpraktisch ausgedeutet: Wenn man die alten Bußkanones kenne, könne man besser die Größe der Sünden verstehen. Mit keinem Wort erwähnt wird in den traditionell gebundenen Schriften hingegen der peinliche Mißbrauch und die volkstümlichen Übertreibungen, die mit dem Ablaß geschehen waren. Sie orientieren sich nur an der theologischen Diskussion. Die Schrift Unterricht vom Ablasse legt übrigens nahe, daß die sakramentale Vergebung der Sünden nicht genügen würde, um vollständigen Strafnachlaß zu gewähren, und daß dieser erst durch den Ablaß zu erlangen wäre. Und hier mußten sich die Geister scheiden44 : 39 NS VIII, 1784, S. 23. 40 No. 2. Der grosse Katechism11s mit Fragen tmd Antworten .. . Zweyte Auflage. WIEN: Im Verlagsgewölbe der de11tschen Schulanstalt bey St. Anna in der Johannesgasse, 1778. Ablaß S. 155 - 158. Außer dem Jubeljahrablaß wi rd zwar kein einzelner Ablaß erwähnt, doch insgesamt recht orthodox. 41 Unterricht vom Ablasse (Anm. 37), S. 17 ff. 42 Ebenda, S. 20. 43 Benedikt XIV., De Synodo dioecesana libri X l!I, 1. XI, c. 11 . 44 Culpa und poena sind kirchlich-lehramtlich nicht geklärt! K. Rahner in LThK 2I, Sp. 47. 166

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