Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

In der seriöseren kanonistischen Diskussion war das Erdreich schon längst aufbereitet gewesen. Der Lambacher Benediktiner P. Benedikt Oberhauser hatte im Jahre 1771 zwei Schriften über die Ehehindernisse in Druck gegeben5. Nach ihm erstrecke sich die geistliche Gewalt in Ehesachen nur auf geistliche Zensuren, nicht aber auf die bürgerlichen Wirkungen im Staat. Mithin könne die Kirche aus eigener Macht keine impedimentia dirimentia für die Ehe bestimmen, sofern ihr nicht dazu die weltliche Gewalt eine Befugnis erteile. Das war der Kurie zuviel. Obendrein war Oberhauser (,,valdissimus ultramontanistarum malleus") als Gegner der Ultramontanen bekannt. Oberhauser fand auch einen Adversarius, den als drittrangigen Kanonisten höchst unbekannten P. Ludovikus Beck (manchmal auch Pöck geschrieben) von Münsterschwarzach im Fränkischen. Dieser übernahm es, gegen den Lambacher Pater aufzutreten. Oberhauser konterte mit einer giftigen Zusammenfassung seiner Eherechtslehre6 . Die gelehrte Kritik machte sich gleich über das Werk, so die Banzer Benediktiner in ihrer Zeitschrift7 , wo festgestellt wurde, daß Chardon und Lanoi8 Oberhausers Grundlage waren, was an sich schon suspekt sein mußte. Ein Mainzer Kapuziner, P. Marcus Antonius, der sonst nicht als Schriftsteller glänzte, verfaßte gegen Oberhauser eine Disquisitio canonica9 • P. Ludwig, inzwischen seines Ranges als Reichsprälat bewußter Vorsteher von Münsterschwarzach, war zutiefst in seiner Ehre getroffen. Eine ganze Reihe von Briefen ging von dem historisch mit Lambach verbundenen fränkischen Stift an den Abt von Lambach ab, in welchen Abt Ludovikus auf Satisfaktion bestand. Ich mußte lächeln, als ein Brief des Prälaten in meine Hände geriet, in welchem er die Schimpfworte P. Oberhausers fein säuberlich aufzählte, die dieser in der Causa decisa verwendet hatte. Sie wären allerdings angetan, unsere in den heutigen geistigen Wirren angenagten Lateinkenntnisse um mehrere schöne Vokabeln zu bereichern. Nur: diese etwas zu saftige Polemik brachte die Causa decisa bei der Wiener Zensur am 7. Februar 1777 zu Fall. Dies beweist ein Brief Wittolas vom 11. Februar dieses J ahreslO: 5 Systema historico-criticttm divisarum potestatum de legibus matrimonialibus impedimentomm dirimentium ex avitis sanae theologiae et ii,risprndentiae canonicae principiis. Francofttrti ad Moenum, 1771 . Vol. I. - Dazu: Apologia historico-critica divisarnm potestati,m in legibi,s matrimonialibus impedimentorum dirimentii,m . ebd. apud Fr. Varrentrapp 1771. 54 S. 6 Causa decisa divisamm Potestatum in Legibtts matrimonialibus impedimentornm dirimentii,m. Francofurti & Lipsiae 1777, (VI)+227 S. Titelblatt anonym, Verfasser unterschrieb das Proloquium. 7 LkD II/4, 1778, S. 532 - 534. 8 J ean de Launoy, 1603 - 1678; LThK 2VI, Sp. 828 . 9 Rcz. NBcF VI/1, 1781, S. 161 - 164 zus. mit Oberhausers Cattsa. 10 Wittola an P. Amand Greth ddo . 11. 2. 1777, StA Lambach, SchB. 55a fol. 47. 149

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