Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

liebenswürdige Besuche. Da komme vor allem eine „schöne Buchhändlerin", die mit ihrem schönen Antlitz allen hiesigen Inbewohnern die Schnäbel wässericht macht". Es handelt sich dabei um die zweite Frau des Hofbuchdruckers Trattner, Therese, geborene Nagel (1758 - 1793), welche auch Mozartschülerin und Freundin von J. W. Behrisch war64 . Doch nicht genug damit. Eine Doktorsfrau ( = Katharina Kollmann, Frau des Leibarztes Josephs II.) habe den Gerfalken mit einer schönen Tochter besucht, und das Töchterlein habe sich sechs Wochen bei ihm eingehängt. Da Mutter Kollmann 1735 und Eybel 1741 geboren wurden, stellen wir wiederum fest, daß Eybel eben junge Damen bevorzugte. Aber auch andere Mütter hätten schöne Töchter, es nahten sich hübsche Stubenmädchen, die Erbschaften zu erheben hätten, mit Empfehlungsschreiben. Aber bei all seinen Unterhaltungen mit Frauenzimmern sei der Gerfalk auch unverdrossen hinter seiner Arbeit. Die Frau Gerfalkin, Johanna Eybel65 , sei indessen ein Blaustrumpf und tröste sich als Egeria eines literarischen Salons, soweit das in Linz damals möglich war. Bei ihr versammle sich der hohe Parnaß von Linz, bestehend aus einem „ausgemergelten Zaunkönig", Anton Benedikt Cremeri (1752 - 1795), und einem „reimsingenden Vogel", nämlich Heinze. In der Hauptstadt (Wien) sei der Gerfalk hochgeehrt. In vielen Häusern, besonders in protestantischen, sei sein Porträt zu sehen, und auch im akademischen Hörsaal in Wien und bei einem Wirt in Wels sei es aufgehängt. Bei den Damen fehle es selbstverständlich auch nicht, da er „kein finsterer Gelehrter" sei. Fürwahr, wenn man sein Bild sieht, mag man sich das lebhaft denken! Zeitgenossen hatten vermutet, die Schrift stamme von Eybel66 , was nicht stimmen kann, kommt er doch mit diesen peinlichen Enthüllungen - bei aller Sympathie für sein amtliches Wirken - schlecht weg. Gehler meinte auch in einem Brief an Friedrich Nicolai, Eybel sei nicht der Autor67 . Gugitz vermerkt, er habe einst auf einem Exemplar der Gimpelinsel Bellotti als Verfasser vermerkt gefunden und meint, er wisse nicht, daß dieser ein literarischer Mitarbeiter Eybels gewesen sei. Wir sind Bellotti oben schon beim dritten Teil des Anselmus Rabiosus begegnet. Vorsichtig tendieren Gugitz und Sturmberger68 zur Annahme, daß der Zuchthausverwalter Krauß die Gimpelinsel geschrieben habe. übrigens scheint Gugitz 64 Gugitz, Gimpelinsel, S. 326. 65 Johanna Eybel, * um 1735, t 21. 12. 1815 in Wien, wohin sie nach dem Tod ihres Mannes 1805 gezogen war; Gugitz, Gimpelinsel, S. 327. 66 ProvN 1783, S. 925. 67 Vgl. Gugitz, Gimpelinsel, S. 331. 68 Sturmberger, Freimaurer, S. 104. 127

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