82. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1964/65

Teil der Steiermark;41) die Grafschaftsgrenzen sind gegenüber von früher nur unbedeutend verschoben.42) Als 1156 die Länder Österreich und Ob der Enns zum Herzogtum Österreich erhoben worden waren, verblieb die Steiermark noch im Lehensverband Bayerns, schied aber 1180 mit ihrer Erhöhung zum Herzogtum aus diesem Verband aus.43) Pfeffer betont die ursprüngliche Grenzlage von Steyr an der Dreiländerecke Österreich — Ob der Enns — Steiermark. Die Innenstadt (Steyrburg, Markt) und Ennsdorf zählten zur Steiermark (bzw. Lllsburggau), die nördlichen Vororte Steyrdorf44) und Aichet45) gehörten zum Land ob der Enns. Das Gebiet nördlich des Ramingbaches hätte zu Österreich (unter der Enns) gehört.46) Diese Grenzlage wurde noch 15 56 (als sie längst nicht mehr bestand) hervorgehoben.47) „Infolge dieser so sehr betonten Grenzlage Steyrs — von der Steyrburg blickte man über die Steyr unmittelbar auf das oberösterreichische Steyrufer und auf das niederösterreichische Ennsufer — erwarben die Otakare frühzeitig das Gebiet von Dietach, im 11. Jahrhundert die Pfarre Dietach einschließlich der heutigen Stadtteile Steyrdorf und Aichet, betrieben also eine planmäßige Erweiterung ihres Herrschaftsgebietes in der „Stadtregion" von Steyr über die oberösterreichische Ländergenze hinweg nach Norden. Doch blieben die politischen Grenzen an der unteren Steyr voll gewahrt. Erst als 1254 die oberösterreichisch-steirische Landesgrenze, die das Stadtgebiet mitten durchschnitt, auf gehoben wurde, verschwand die Grenzlage Steyrs gegen Norden; der Verwaltungsbezirk des Landgerichtes Steyr rückte nun bis Staning und an den Heuberg vor.“48) Dietach und Gleink blieben also, trotzdem sie zum „steirischen Herrschaftsgebiet“ kamen, beim Land ob der Enns.4’) Dieser Auffassung steht eine ältere und noch immer vertretene gegenüber, nach welcher die otakarische Steiermark bis zur Donau reichte!50) J. Strnadt verfocht die Anschauung, die steirischen Otakare hätten 1056 beim Aussterben der WelsLambacher im Traungau (der nach ihm den von Pfeffer definierten Lllsburggau einschloß) Grafenamt und Besitz erhalten.51) Nach Zibermayr wäre der Traun41) 'Pfeffer, Land ob der Enns (Anni. 5), Karte 8 nach S. 176. ") Pfeffer, Land ob der Enns (Anw. 5), S. 92, ferner S. 97. 43) Pfeffer, Land ob der Enns (Anin. 5), Karte 9 nach S. 176. ") Urkundlich ist Steyrdorf 1313 erstmals erwähnt. 45) Urkundlich ist Aichet 1402 erstmals erwähnt. 4‘) Pfeffer, Land ob der Enns (Anw. 9), S. 85. 47) Ignaz Zibermayr, Noricum, Baiern und Österreich. Lorch als Hauptstadt und die Einführung des Christentums (2. Ausl. Horn 1956), S. 489, Anin. 5. 4S) Pfeffer, Land ob der Enns (Anin. 5), S. 85. — Die Ausführungen Pfeffers zum Verlauf der Grenzen zwischen der Steiermark und dem Land ob der Enns entlang der unteren Steyr vermöchten eine Klärung der bekannten Gründungssage der Stadt abzugeben, falls eine Erklärung zu der Geschichte vom Kampf der beiden Brüder überhaupt zulässig ist: Nicht von ungefähr war der Bruder siegreich, der die Steyrburg erbaute; die Sage mag sich auf den Gegensatz der Herrschaft Steyr (mit der Innenstadt) und dem Bereich nördlich des Steyrflusses andererseits beziehen. Die Otakare wußten bestrebt sein, den Brückenkopf Steyrdorf an sich zu bringen. ") Pfeffer, Land ob der Enns (Anm. 5), S. 97 f. 50) Z. B. Zibermayr, Noricum, Baiern und Österreich (Anm. 47), S. 375. 51) Nach Hans Pirchegger, Geschichte der Steiermark, Bd. 1, bis 1283 (Gotha 1920), S. 424. 11

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