66. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1948/49

21 Steyr eine Industriestadt von Weltruf werden sollte. Immer deutlicher spürte die Stadt das Fehlen einer höheren Schule. Wollte man bei der zunehmenden Konkurrenz auf der Höhe bleiben, so war eine noch bessere Ausbildung unerläßlich. Die zweiklassige Unterrealschule leistete zwar sehr viel, aber sie konnte nicht allen Anforderungen nachkommen!). Hatten bisher nur jene Familien ihre Kinder, die sie einem akademischen Beruf zuführen wollten, zum Studieren fortschicken müssen, so waren nun auch die Geschäftsleute in immer größerer Zahl gehalten, ihre Söhne zur Vorbildung auf ein Gewerbe in andere Städte zu schicken, die mit Studienanstalten besser bedacht waren. Viele taten dies nicht erst nach Absolvierung der zweiklassigen Unterrealschule, sondern schon nach Beendigung der Volksschule'). Wie ernst es der Stadtgemeinde mit der Erweiterung der Unterrealschule war, kann man auch daraus er¬ sehen, daß sie mit Dr. phil. Anton Kauer in Verbindung trat, um an diesem Lehrer eine prominente Persönlichkeit für die Realschule zu gewinnens ). Die Verhandlungen zerschlugen sich jedoch, weil vorerst keine Loslösung der Unterrealschule von der Hauptschule zu erreichen war ). Bei den von Bürgermeister Anton Haller geführten Verhandlungen gab das Staatsministerium zu verstehen, daß der Errichtung einer dritten Realschulklasse nichts im Wege stehe, wenn der Charakter einer unselbständigen Anstalt gewahrt bleibe. Das Ministerium vertrat die Ansicht, daß für die Bedürfnisse von Steyr eine dreiklassige, mit der Kreishauptschule in Verbindung stehende Unterrealschule genüges) Diese Haltung war der Stadtgemeinde gar nicht genehm. Steyrs Bestrebungen zielten auf eine Vollanstalt hin. War es nie gelungen, 1862 in das Exjesuitenkloster. Sie wurde 1870 in eine Bürgerschule umgewandelt und zog 1875 aus dem Gebäude aus. Ofner, J.: Zur Geschichte des Schulwesens der Stadt Stepr, S. 47. 1) „Wenn diese Schule bisher höchst Anerkennenswertes geleistet hat, so verdankt man dies lediglich den Bemühungen ihrer besonders vortrefflichen Lehrer.“ Dr. Spängler in der Gemeinderatssitzung vom 15. Juni 1860. 2) In der genannten Sitzung referierte Dr. Spängler in diesem Sinne und setzte sich mit bewegten Worten für die Erweiterung der Unterrealschule ein. Archiv Steyr, Ratsprotokolle 1860, S. 188 ff. 3) Dr. phil. Anton Kauer war für Realschulen und für Obergpmnasien aus Chemie, Ohpsik und Mathematik geprüft und hatte als Präfekt und Supplent am Theresianum in Wien seinen pädagogischen Takt als Erzieher und seine Fähig¬ keiten als Lehrer an den Tag gelegt. 4) Auch der Gemeinderat sah ein, „daß ein Dr. phil., der alle vollständigen Fakultätsstudien hinter sich hatte sich nicht einer Direktion unterwerfen kann, die nur die Gesichtspunkte des Elementarunterrichtes zu würdigen in der Tage sei.“ Archiv Steyr, Ratsprotokolle 1860, S. 476. 5) Archiv Steyr, Ratsprotokolle 1860, S. 475, Gemeinderatssitzung vom 9. November 1860. Man sieht aus dieser Haltung, daß im Hintergrund der Gedanke stand, die Inanspruchnahme des Studienfonds fernzuhalten, denn die unselbständige dreiklassige Unterrealschule wäre dem Schulfonds zur Last ge¬ fallen.

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