66. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1948/49

15 Als Zweck der Realschule, die zwischen die Volksschule und die technischen Lehranstalten gestellt wird, wurde die Vermittlung einer Bildung unter Zugrundelegung der modernen Literatur und der mathe¬ matisch=naturwissenschaftlichen Fächer wie Mechanik, Maschinenlehre Baukunst, Bauzeichnen, technische Chemie, kaufmännische Arithmetik, Buchhaltung, Wechsel= und Zollkunde, Wasser= und Straßenbau, line¬ ares Zeichnen und Freihandzeichnen, Modellieren, Schönschreiben, Gym¬ nastik und Stenographie bezeichnet. Sie sollte gut unterrichtete und brauchbare Geschäftsmänner für die verschiedenen Arten des bürger¬ lichen Gewerbes, für den Handel und die Fabriken, für die Manufaktu¬ ren, für Oekonomie und Forstwesen heranbilden und zum Studium an den technischen Lehranstalten vorbereiten. Es war viel, was man von der neuen Schule erwartete und heute sehen wir, daß sich eine solche Aufgabe nur von speziellen Fachschulen bewältigen läßt. Die gesetzliche Regelung des Realschulwesens in Oesterreich erfolgte durch die kaiserliche Verordnung vom 2. März 1851, RGBl. Nr. 70]). Man unterschied Unter= und Oberrealschulen?). 1. Die Vollanstalten bestanden aus einer dreiklassigen Unter= und einer dreiklassigen Oberrealschule. Die Oberrealschule bestand nie allein, sondern war stets mit einer Unterrealschule verbunden. 2. 2. Die dreiklassige Unterrealschule konnte auch für sich allein be¬ stehen. Die Unterrealschule hatte eine doppelte Aufgabe zu er¬ füllen: a) auf den Uebertritt in die Oberrealschule und b) auf einen praktischen Beruf vorzubereiten. 3. Daneben kannte man die unselbständigen zweiklassigen Unter¬ realschulen von zwei Jahrgängens). Sie wurden nicht zu den Mittelschulen gerechnet, aber so organisiert, daß der Uebertritt in den materiellen Bedürfnissen hervorgegangen, auch vorzugsweise durch die mate¬ riellen Bedürfnisse beherrscht und gezwungen, bei Voranstellung der Fachbildung die allgemeine Bildung mehr oder weniger zurück zu setzen und ihr den Raum zu verengen. Daraus ergibt sich für die Realschulen, welche ihnen zu dienen haben, eine doppelte Unsicherheit des Zweckes: Sie trifft das Maß der allge¬ meinen Bildung, das angestrebt werden soll... sie trifft ferner die Fachbildung elbst... kein Wunder, wenn unter solchen Schwierigkeiten und bei der Neuheit dieser Schulen sich noch Unsicherheit in der Organisierung derselben zeigt.“ Ent¬ wurf der Organisation der Gpmnasien und Realschulen in Oesterreich, Plan der Realschulen, S. 219. 1) Näher dargelegt im Statut vom 15. August 1851, das aber im Reichs¬ gesetzblatt nicht veröffentlicht wurde. 2) Stundentafel siehe S. 16. 3) Gelegentlich werden die unselbständigen Unterrealschulen auch Bürger¬ schulen genannt, weil sie im Gegensatz zu den Oberrealschulen und den huma¬ nistischen Lehranstalten als Dorbereitung für bürgerlich=gewerbliche Berufe dien¬ ten. Auf keinen Fall aber dürfen sie mit der 1870 in Oesterreich geschaffenen Bürgerschule, die sich aus der damaligen Hauptschule entwickelt hat, verwechselt

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