36. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1906

- 11 - auf. Die Lyriker Lenau, Anastaaius Gnln, Stell.bamer, Zedlit%, Vogl, Feucbten1leben, Caatelli, Mison, die Dramatiker Raimund, Nestroy, Grillpan:er, Bauernfeld, Oleicb, Deiobardstein, Scbr•yvogel, außerdem Gent%, Hammor-Pnrgstall, die Karotine Pichler: alle diese gaben der SJ.adt Wien ihr eigenartig•• Geprlge; ea war ja damals die 7,eit, da die GrolstAdte die allergri!Ote Aniiebung•krat\ auf junge Dichter übten und nebst Berlin eben Wien der Miltolpunkt deutecber Dichter wurde. Und eo erwachte denn in der woicben, po„iedornbdnllllten Wiener Luft Eligine Münchs dichterische Begabung. Anfange ließ or in der • Wiener Zeitschrift" einige Gedichte erecheinen, aber eret der Einfluß eeino, ehemaligen Lebrere Michael Enk machte ihn zum Dichter. Unter immerwAbrender Beratung mit Enk entstand eein erstes Drama 0 Grieeldie" im Jahre 1886, das er unter d•m Aotornamen 0 Friedrich Halm" veröffenUichte. Mit Enk blieb Halm nun im freondscbaftlicheten Verkehr, daneben pflog er aach Beziehungen zu Lenau und dem Historiker Karajan ; wie Lanau •tand auch Halm im Verkehr mit den ecbwAbiechnn Dichtem nnd empfing im Jahre 1838 den Besuch Ludwig Uhlands, den er bald erwiderto. Im Jahre 1844 erhielt Halm endlich eine Stelle, dio seiner Bedeutung ale Dichter entsprach, nAmlicb die Stelle einta ersten Kustos nnd Hofrate• an der Hof• bibliotbek, eine Stelle, um die eich auch Frani Grillpan:er •ergeblicb beworben hatte. Halm bat in seiner Eigenschaft als Hofbibliothekar Bedeutendes geleietet und wurde non teil• wegen seiner hohen amUicben Stellung, teils wegen eeinee wachsenden Robmee als dramatischer Schriftatelier Gegenstand mannigfacher Ehrungen, die endlich darin gipfelten, daß Halm 1867 Hofbibliothekedirektor und gleichzeitig Generalintendant der Hoftheater wurde; in dieser Eigenschaft war er der Vurgesetite Heinrich Laubes und splter Franz l>ingeletedte. Aber da ratl\e ihn allzufrüh der Tod dahin . Er starb am 22. Mai 1871. Halm entfaltete ale Dichter eine aoßerordenUicb rege Tätigkeit. Er ist nicht nur als Dramatiker hocbgo,cbAtzt geweeen, sondern bat Luch einige vortreffiicbe Novellen hinterlaeeen, di• •• den beeten ScbOpfougen der deutschen Litoratur gehören. Er iet in der Wabl eeiner Stoffe und in der Durcbfübmng eciner Gedanken Romantiker; allerdinge ist eeine Romantik mehr äußerlich. Halms Berdhmtbeit nimmt ihren Aoegang von der 0 Griscldie", dio im Jahre 1835 mit außerordentlichem Erfolge aufgeführt wurde. Schon in der Wahl dee Stoffee, d•r aue einem alten Volkeboche stammt, zeigt eich dor Romantiker. Halm bat den Stoff in romantiecher Vorliebe fdr d88 mittelalterliche Rittertum in dio Zeil dos Königs Artoe verlogt und demgemAß auch iiemlich bedeutende Veränderungen vornchruen mdssen. Die Quelle erzählt one, daß l't•rcival, ein Ritter der 'fafolrondo, seine t'rao Griseldis gegenüber der Königin Ginevra als wahres Muster aller weiblicheu Tngend~n preist. Ginevra spottet aber darüber, da Griseldis nur eine arme Köblerstochter ist, und in höhnischer Laune erklärt sie sich bereit 1 Griseldis' Tugenden anzuerkennen. wenn sie gewisao Proben bei,;töndc, die ihren Edelmut und ihrt, ont•igenuützige Lieht iom Gatten beweisen Hollen. Dil•Se Proben bestehen darin, daß Ptircival Griseldis ihren Knaben wegnehmen sollte, eie eelbst ecbei nbar verstoßen eolle und schließlich doch wieder unter Vorspiegelau!( von Tod und Gefahr ihre Liebe anmren solle. l'crcival gibt sich 2.u diesem unwürdigen Spiele mit dem edlen Herzen seiner Frau her und läßt ee ,u, daß Griseldis derart gequält wird. Sie aber besteht alle Proben und wird schließlich von Ginevra geehrt und wieder in ihren vorigen Stand oingeset1.t. Man wird sogleich bemerken, daß die Sage auf der Grondauscbaoong ruht, daß die Frau Eigentum d,•s Mannes ist, mit dem er ecbalten und walten kann und für doeson Wohl ergehen er niemandem Rechenschaft schuldig ist. Aufgabe des roman• tischen Dichters wilru ~s, diese rohe Naturnnscbaoong in mArchonhafto Stimmung zu tauchen und mit dem Zauber der PMsio zu umkleiden, wie es etwa Kleist oud Grill• parier mit ähnlichen Stoffen getan haben. Halm bat di~s nicht getan. Ihm mangelte eben jener vo rausl-letiungslose po,~tiseh~ 2•

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