9. Jahresbericht der k. k. Realschule in Steyr, 1879

tragung des „Pélérinage de la vie humaine“ von De Guileville, einem französischen Dichter des XIV. Jahrhunderts. Es fällt jedenfalls in die früheste Zeit von Chaucer's poetischer Wirk¬ samkeit. Furnivall setzt es zwischen das „Compleynte of the Dethe of Pité' und „The Boke of the Duchesse“ (1369), nämlich in das Jahr 1367 — 68. Da wir aber aus Gründen, die an betreffender Stelle angeführt werden, dafür halten, dass das Compleynte später abgefasst ist als das A. B. C., so erscheint dieses der Zeit nach als das erste der uns erhaltenen Werke Chaucer’s. II. The Compleynte of the Dethe of Pité. Die „Klage über den Tod des Mitleids“ zählt 17 Strophen zu je 7 Zeilen. Die Zeile hat 5 Hebungen, die Reime folgen dem Schema ababbec, wovon sich aber eine Abweichung in der 15. Strophe findet (ababcbc). Das Gedicht zerfällt in das Proemium mit einer Strophe, in die cinleiteude Erzählung mit 7 Strophen und in die eigentliche Klage mit 9 Strophen. Der Inhalt ist folgender: Mitleid lebte einst in dem Herzen der Ge¬ liebten, aber Grausamkeit hat es getötet. Dieser sind nun Schönheit, Jugend, Weisheit und alle anderen Tugenden der Geliebten untertan. Der Liebende, welcher die Hoffnung auf die Auferstehung und den endlichen Sieg des Mitleids nicht aufgibt, fleht dasselbe mit innigen und gramvollen Worten an: Jedoch wie mag ich stets nur Eines klagen, Da jedes Weh hienieden, jede Not Ich leide? Und doch, ich wag' Dir's nicht zu sagen, Denn was ich thu' und lasse, das, weiss Gott, Berührt Dich nicht, sei’s Leben oder Tod. Und dennoch will ich Treue Dir bewahren Bis an mein Ende, das sollst Du wol erfahren! Ja, Dein bin ich, obschon Du mich erschlagen Durch Deinen eigenen Feind, durch Grausamkeit, Und Deinem Dienste will ich nicht entsagen, Ob dräut mir Not, ob dräut mir alles Leid! O Mitleid Du, das ich gesuchet allezeit l'm Deinen TTod mag ich wol weinend stöhnen, Aus schwerem Herzen, voll von Schmerz und Thränen! Wie schon aus den hier übersetzten zwei Strophen ersichtlich ist. steht im C'omplaint die Geliebte dem Dichter deutlich vor Augen, und manche Worte und Wendungen sind cher an sie selbst als an das Mitleid gerichtet, ') Morr. VI, 258. — Eine kritische Ausgabe mit einer l'ntersuchung uber die verschiedenen Handschriften gab Ten Brink in den Essays on Chaucer, P. II (Chauc. Soc.)

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