80 Jahre Bundesgewerbeschule Steyr

lerinncn der Frauenberufsschule konnte im Verein mit Schülern unserer Anstalt sogar die Frühlingssymphonie von Kehldorfer aufgeführt werden. Patriotische Chöre verschönten die Feier anläßlich lies 80. Geburtstages des Herrn Bundespräsidenten Dr. Karl Renner am 14. Dezember 1950. Knapp einen .Monat später wurde seines Ablebens bei einer Trauerfeier unserer Anstalt gedacht, wobei der Schülerchor ein Grablied vortrug. Bei der Feier zum 80. Geburtstag von Bundespräsident Dr. Th. Körner hörte man wieder zwei Chöre. Zum Schulschluß im Sommer 1952 wurde vom Schülerchor in der Vorstadtpfarrkirche die „Deutsche Messe“ von Franz Schubert gesungen. Vielfach findet man die Meinung, als könnte nur eine Jazzkapelle Unterhaltungsmusik bringen, und in der Tat ist dies heute üblich. Dabei wird anscheinend vergessen, daß Österreich, besonders Wien, Weltgeltung auf dem Gebiet der Musik hat und auch ganz Großes an heiterer Musik geleistet hat. So kennt sicher auch jeder Jazzfanatiker immer noch die unsterblichen Melodien von Johann Strauß, C. Michael Ziehrer, Millöcker und Franz Lehar, um nur die größten Meister der leichten Muse zu nennen, die einst in Wien ihre größten Triumphe feiern konnten. Jung und alt, ob musikalisch oder nicht, geriet in helle Begeisterung, wenn die Militärkapellen ihre feschen Weisen spielten. Heute haben die Blaskapellen dieses Erbe übernommen, und fast in jedem Dorf findet man eine Blasmusik. So lag der Gedanke nahe, auch an unserer Anstalt eine Blaskapelle zu gründen, die musizierfreudigen Schülern ein gemeinsames Spiel von guter Unterhaltungsmusik und damit eine sinnvolle Freizeitgestaltung ermöglichen soll. Nicht unerwähnt bleiben möge die Frage, warum nicht besser an ein Salonorchester gedacht wurde. Wir haben wohl einige Schüler, die Klavier oder Violine beherrschen, aber für fast alle übrigen Instrumente findet sich niemand. Unsere Schüler sind nun drei bis fünf Jahre an unserer Schule. In dieser Zeit ein Streichinstrument zu erlernen, ist kaum möglich, hingegen kann das Spielen eines Blasinstrumentes in verhältnismäßig viel kürzerer Zeit beherrscht werden. Es spricht als ein weiterer Grund für die Blasmusik, daß sie der Mentalität der Jugend heute besser gerecht wird, und auch ein Absolvent unserer Schule, der Bläser ist, später wesentlich leichter an irgendeine andere Kapelle Anschluß finden wird als jemand mit einem Streichinstrument. Ich möchte an dieser Stelle der Hoffnung Ausdruck geben, daß bald durch entsprechende finanzielle Förderung ein Grundstock an Instrumenten gebildet werden kann, denn gerade der Instrumentenmangel läßt einen konsequenten und zielbewußten Probenbetrieb nicht zustande kommen. Je mehr Bläser die Kapelle haben wird, mit um so größerer Freude werden die Schüler musizieren, und umso größer wird die Anziehungskraft für weitere interessierte Schüler sein. Das Bundesministerium für Unterricht weist in seinem Erlaß über „staatsbürgerliche Erziehung“ ausdrücklich auf den Wert der musikalischen Bildung hin, die durch Konzert- und Opernbesuch, vor allem aber auch durch eigenes Musizieren in Chor- und Arbeitsgemeinschaft an den Schulen gefördert werden kann, und womit wesentlich beigetragen wird zur Erfassung der Bedeutung, die österreichische Musik in der ganzen Welt besitzt. Prof. Rudolf Peiker DAS INTERNAT AN DER BUNDESGEWERBESCHULE IN STEYR Im zweiten Stock lies Hauptgebäudes wiril es schon um 6 Uhr lebendig. Saalweise werden die Zöglinge geweckt und suchen schlaftrunken, ihr Zeug erhaschend, den Waschraum auf, wo sie sich unter Aufsicht des Präfekten einer muntermachenden Waschung unterziehen. Inzwischen bewegt sich der Hauptteil der Schüler auf dem Gange bei den Kasten, um sich fertig zu machen. Schwester Elisabeth ist auch erschienen und beginnt mit der Marodcn- visitc. Verbände werden erneuert, Salben aufgelegt, verschiedene Pulver und Tropfen verteilt. Nur der wirklich Kranke wird ins Krankenzimmer eingewiesen und vom Internatsarzt behandelt. Ein schrilles Glockenzeichen übertönt das laute Getriebe, die Zöglinge eilen zum Frühstück in den S-Saal im Erdgeschoß Ost. Dampfender Kaffee und Butterbrote stehen schon bereit. In kurzer Zeit ist das Frühstück eingenommen, und die Zöglinge füllen die Lehrsäle und Werkstätten. Im Internat ist cs ruhig geworden. Das Reinigungspersonal hat Zeit für seine Arbeit, die durch einen Industriestaubsauger sehr erleichtert wird. Das 10-Uhr-Pausenzeichen der Schule firingt wieder eine starke Bewegung. Die Internatsangehörigen stürmen zur Jausenausgabe, die in gewohnter Disziplin „im Vorübergehen" erfolgt. Nach Schluß des Vormittagsunterrichtes bringt jeder Zögling sein Bett, das bis dahin zur Lüftung ausgclegt war, selbst in Ordnung. Der Appetit beim Mittagessen ist nach der geistigen und körperlichen Anstrengung der letzten Stunden hervorragend, und um etwaige Reste ist der Küche nie bange. In der Wirtschaftskanzlei werden von der- Wirtschaftsleitern! Wäschepakete und Postsachen ausgefolgt. Anschließend findet man die Internatsjugend im Spielzimmer beim Schachspiel, einige vertiefen sich im Lesezimmer in eine interessante Lektüre der Schülerbibliothek, und temperamentvoll wird nach allen Regeln Tischtennis gespielt, auch im Musikzimmer wird fleißig musiziert. In der warmen Jahreszeit allerdings wird das Ballspiel im Freien besonders bevorzugt. Nach eineinhalbstündiger Pause vollzieht sich die Umstellung zu ernsteren Dingen. Inzwischen hat die Küche einen Berg Brötchen und Kannen mit Vollmilch für die Nachmittagsjause vorbereitet, die mit großem Behagen um 15.30 Uhr verzehrt wird. Nach Unterrichtsschluß wird die Freizeit wie mittags ausgefüllt oder cs werden Besorgungen in der Stadt erledigt. Um 18 Uhr ist Abendessen und genaue Standeskontrolle durch die diensthabenden Erzieher. Ein Rundgang durch die Studiersäle zeigt uns die Schüler später voll Eifer über ihren Büchern und 1 letten sitzend. Vier Präfekten, die dauernd die Stu61

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