80 Jahre Bundesgewerbeschule Steyr

Vor allen Dingen ging den Schülern aber auch auf, wie einzelne physikalische Tatsachen, die man zunächst getrennt kennenlernt, untereinander in Verbindung stehen können, wie dies in der praktischen Wirklichkeit immer der ball ist. Sie müssen aber auch das physikalische Geschehen, das sie hier vor sich sehen, entsprechend beschreiben lernen (besonders wichtig bei Auffindung physikalischer Gesetze), wozu sie viele Eachausdrücke brauchen und damit ihren physikalischen Wortschatz üben und bereichern. Das Experiment muß aber nicht immer den Ausgang für die Stofferarbeitung bilden. Wie das Experiment mit den Trägheitszylindern zeigte, handelte cs sich hier um die Illustration eines pysikalischen Geschehens, mit dem die Schüler theoretisch schon vertraut waren. Und gerade bei solchen bekannten Sachen ist es schwer, den Schüler dazu zu bringen, sein Wissen wieder auszupacken und aufzufrischen, denn meistens ist das Interesse an bekannten Dingen geringer als an neuen. Da es aber nicht genügt, daß die Schüler physikalische Gesetze einmal gehört und gelernt haben, sondern daß sie wirklich mit ihnen so vertraut sein müssen, daß sie ein wohlfundiertes Wissen davon bekommen, muß man auf eine ständige Wiederholung und Verbindung des bereits Vorhandenen mit neuem Wissen dringen. Dies ist aber nicht möglich ohne das Experiment. Der Stoff wird dadurch für den Schüler wieder interessant und außerdem bleiben anschauliche Erlebnisse am besten im Gedächtnis haften. Daß auch hier wieder die Eigentätigkeit sehr stark angeregt wird, ist klar. Hier verhelfen also die Versuche dem Schüler bei bereits formelhaft Erfaßtem zur unmittelbaren Einsicht am an schaulichen Objekt. Bei Versuchen dieser Art, wie ich sie z. B. bei der Widerstandsbestimmung angeführt habe, dient der Versuch nicht als Grundlage für die Erarbeitung neuen Stoffes, sondern es soll auch hier bereits Gelerntes wieder ins Gedächtnis gerufen werden, aber auf eine ganz bestimmte Art. Hier ist das Experiment eine Art Denksportaufgabe, und es ist zu ihrer Lösung nicht nur Wissen, sondern auch ein gewisser Scharfsinn erforderlich, und den brauchen die Schüler, wenn sie einmal praktisch arbeiten sollen, ganz besonders. Neben diesen speziellen pädagogisch-psychologischen Aufgaben, die das Experiment zu erfüllen hat, bat es auch noch eine allgemeine Bedeutung. Wir wollen im Physikunterricht dem Schüler ja nicht etwas vorsetzen, was er auf Grund seiner schülerhaften Situation einfach hinnehmen muß, ob er es versteht oder nicht, sondern wir trachten danach, vor allem das Denken des Schülers auszubilden. Und wenn er nun Geschehnisse anschaulich vor sich hat, so wird er ohne Zwang von selbst dazu kommen, nach dem Warum des Geschehnisablaufes zu fragen, und damit ist der Grund gelegt, auf dem man ein festes theoretisches Gebäude errichten kann. Diese Erkenntnis ist besonders für eine technische Schule wichtig, weil es hier nicht im besonderen darauf ankommt, durch den Physikunterricht die Allgemeinbildung des Schülers zu erweitern, sondern weil ihm der Physikunterrieht tatsächlich das Rüstzeug für sein späteres Arbeiten mitgeben muß. Ing. Waller Sleinkellner SO WIRD'S BEGRIFFEN! (Bemessung von Strom- und Spannungsspulen für Gleichstrom) Lehrer: „Woraus ergab sich beim letzten Beispiel die Ampere-Windungszahl für den magnetischen Kreis?“ Schüler: „Aus der Berechnung des magnetischen Kreises.“ L.: ,,... und setzte sich zusammen aus . . .?" S.: „Ampere-Windungen für den Eisen weg (INe,. ) und solchen für den Luftspalt (INe). Die ersteren wurden aber verhältnismäßig so klein, daß man sie hätte vernachlässigen können." L.: „Wir hatten einen verhältnismäßig großen Luftspalt und geringe Induktion. — Nun einen Schritt weiter! Wie kann ich eine bestimmte Am- perewindungszahl (z. B. IN 1000 A) erzeugen?“ S.: „Indem ich eine Windung anordne, die 1000 A Strom führt.“ L.: „Ja, oder?“ S.: „100 Windungen und 10 A." L.: „Oder?" S.:„1000 Windungen und 1 A, oder 2000 Windungen und 0,5 A. . . .“ L.: „Wieviel Möglichkeiten gibt es also?“ S.: „Unendlich viele!" L.: „Richtig! Mache ich aber eine weitere Angabe, dann ist solort von den unendlich vielen Möglichkeiten nur mehr eine einzige zu brauchen. Der einfachere Pali: cs handelt sich um eine Stromspule, welche bei 10 A die 1000 Amperewindungen erzeugen soll." S.: „Dann bekomme ich nur die Windungszahl N IN/I 1000/10 100.“ ’ L.: „Natürlich; und welche Drahtstärke werden Sie wählen?" S.: „Gemäß dem Strom von 10 A. . . . Hilfsbuch. Seite 48 ... ; soll man .maximale Stromstärke’ oder .Nennstrom der Sicherung’ nehmen?" L.: „Keine der beiden, denn beide gelten, so wie die ganze Tabelle, nur für ausgestreckte Leitungen. Der Draht einer Spule entwickelt zwar die gleiche Joulesche Wärme wie der ausgestreckte, erfährt aber eine weit schlechtere Kühlung, da um jede Windung wieder Windungen liegen. Zur Wärmeabgabe stehen nur die Spulenoberflächen zur Verfügung. Daher ist es für die Kühlung auch ziemlich gleichgültig, ob die Spule aus vielen dünnen Drahtwindungen (links) oder aus wenigen Elachkupfcrwindungen (rechts) be39

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