80 Jahre Bundesgewerbeschule Steyr

auch klassifiziert wird. — kür die Schule? — Fürs Leben! Unsere Schüler aber bleiben nicht beim Schaffen für die eigene Schule stehen. Sie erfahren bald, daß sic Teil einer strebsamen, begeisterten Jugend sind, die im technischen und gewerblichen Bildungswesen und in1 den Frauenberufsschulcn zusammensteht und sieh gegenseitig hilft. Der Eifer ist denn auch kaum geringer, wenn es gilt, eine Turbine für den Lehrhaushalt in T. zu reparieren oder einige Abwaschen für eine I löherc Frauenberufsschule zu spenglern, als wenn es um die eigenen Schulbedürfnisse geht. Die Schule lebt, nicht ein Leben für sieh, die dreieckige Marke „BGS Steyr“ wandert in viele Schulen. In Serien verlassen Buchhaltungsapparate, elektrische Bodenbürsten, Radiogeräte, Schraubknechte, Scharniere, Handwerkzeuge aller Art und Lehrmittel die Schule. Besonderen Reiz bietet die Herstellung von Einzelstük- ken auf künstlerischem Gebiet: Eine Gravur, ein Stahl schnitt, ein Negativschnitt für Medaillen oder Plaketten, die als Preise für Wettbewerbe von hohen Behörden verliehen werden, eine Schmiedearbeit für ein Grabkreuz, eine Treibarbeit oder Emaillierung als Zierde für einen Schreibtisch oder als Schmuck für eine verehrte Frau. Der schuleigene Lastkraftwagen verläßt, beladen mit vielen nützlichen Dingen, die Schule und kehrt nach mehreren hundert Kilometern Fahrt, während der seine Ladung oft gewechselt hat, keineswegs leer heim. Freudig werden Möbelstücke, Steinskulpturen, Textilien, Experimentiergeräte u. a. begrüßt; auch Arbeit kommt angerollt: Reparaturen aller Art, vom Auto angefangen bis zum Kochtopf, immer begleitet von der Bitte um rasche Hilfe. Wahrlich, es ist Leben an der Schule! Die Masse der Schüler wird beschleunigt, die Kräfte werden auf den Weg zu erfolgreicher Arbeit gebracht und in der beschränkten Zeit, die der Ausbildung gewidmet werden kann, die Leistung aufs höchste gesteigert. W i c dieser Aufwand erfolgt, soll in den nachfolgenden Beiträgen unseren Freunden und Gönnern in Behörden und Ämtern, in Gewerbe und Industrie, aber auch den Eltern und Absolventen gezeigt werden. Wir haben versucht, in den mehr als 25 Berichten, die den vorbereitenden und fachlichen Unterrichtsgegenständen unserer praktischen Arbeit, aber auch unserem Internat und den Schulerlebnissen gewidmet sind, und denen eine kurze Charakteristik der sechs verschiedenen Ausbildungsrichtungen unserer Schule vorangestcllt ist, möglichst lebendig und wirklichkeitsnah zu bleiben, so wie es unser Unterricht ist, wie auch der Schüler sein muß, der unsere Schule verläßt und aus dem Schulleben ohne Schwierigkeit ins Berufsleben eintreten soll. Wenn der Überblick nicht vollständig wurde, da eine große Anzahl von Beiträgen unberücksichtigt bleiben mußte, so möge dies insbesondere von den Mitarbeitern mit dem Raummangel entschuldigt werden, der durch die notwendige Beschränkung des Umfanges der Schrift hervorgerufen wurde. DIE SECHS AUSBILDUNGSRICHTUNGEN Prof. Dipl.-Ing. Robert Ilillisch MODERNE HEINZELMÄNNCHEN (Maschinen- und Werkzeugbau) Wir leben im Zeitalter der Technik und haben uns daran gewöhnt, daß sie von Jahr zu Jahr neue, staunenerregende Leistungen hervorbringt. Jeder Mensch bedient sich im Alltag ihrer Wohltaten gern. Er nimmt morgens lieber das Wasser aus der Wasserleitung, die von einer Ilauswasserpumpe gespeist wird, als daß er zur Quelle hinginge, um dort Wasser zu schöpfen. Mit Genuß befährt er die spiegelglatt gewalzte Straße, statt im Staub über Schottersteinc zu stolpern. Ohne Anstrengung fährt er mit dem Aufzug ins oberste Stockwerk, statt mühsam Stiegen cm- porzusteigen, öffnet ein modernes Zylinderschloß in der Tür, das jedem Sperrhaken trotzt, und nimmt gleich darauf den Telcphonhörer mit seiner soliden Zweckform in die Hand. Ganz selbstverständlich ist es für ihn, daß sich die Zunge des Rechenschiebers in der Führung zügig bewegt und die Logarithmenteilung trotz engster Strichabstände deutlich zu lesen ist und stimmt. Bis er abends vom angenehm klimatisierten Vortragssaal heimkehrt, hat er viele hundert maschinentechnischc Einrichtungen benutzt, aber er denkt nicht, woher sie kommen, weil man die modernen Heinzelmännchen nicht sieht, die da I lauswasserpumpen und Turbinen, Straßenbaumaschinen, Aufzüge, Präzisionssicherheitsschlösser, Pressen und Preßformen, Werkzeugmaschinen, Graviermaschinen, Heiz- und Klimaanlagen usw. usw. bauen. Sic sind Legion, aber ihre Produkte fallen nicht auf wie das Auto und das Radio. Der gleiche Vater nun, der etwa einmal in der Woche ein Auto benützt, und einmal im Tag zum Radiohören kommt, den ganzen Tag hindurch aber, wohin er greift, sich ständig jener Dinge bedient, die auf irgendeine Art den Maschinen- und Werkzeugbau als Urheber haben, läßt sich von seinem Sohn leichter bestimmen, ihn Kraftfahrzeug- oder Radiomechanikcr werden zu lassen, als Maschinen- und Werkzeugbauer. Es wäre falsch, gegen die Erlernung des Kraftfahrzeugmechaniker-Gcwerbcs oder der Radiotechnik etwas einzuwenden, schon gar nicht an der hiesigen Schule, die diese beiden Ausbildungen besonders pflegt. An erster Stelle unserer Fachschulen jedoch stand zeitlich gesehen und steht noch heute in bezug auf allgemeine Bedeutung die F a c h- schule für Maschine n- u n d W e r k z e u g- bau. Ihre Schüler sind es, die in jenes weite und breite Gebiet hineinwachsen, das zwar im Alltag nicht besonders hervortritt, aber die Grundlage für die Existenz aller anderen Spezialgebiete, ja der gesamten technischen Produktion, ist und bleibt. 20

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