80 Jahre Bundesgewerbeschule Steyr

Staatsgewerbeschuldirektor Regierungsrat Ing. Rudolf Pawlicka Industriezentrum Oberösterreichs darstellte. Wieder, wie im Falle der Errichtung einer elektrotechnischen Abteilung, war es der Mangel an den notwendigen Mitteln, der alles verhinderte. Auch das Schulgebäude, das 1883 den Anforderungen genügt hatte, hätte die notwendigen Räumlichkeiten nicht bieten können. Die Messerschmiedeabteilung besaß zu diesem Zeitraum nur mehr wenige Schüler, man errichtete nun 1905 eine eigene Abteilung für Graveure, Ziseleure und Stempelschneider, an der der bereits genannte Professor Zimpel wirkte. Damit wurde eine kunstgewerbliche Abteilung geschaffen, die zuerst noch neben der der Messerer bestand, später aber, nach deren Auflassung, allein das Erbe des alten Steyrer Eisengewerbes wahrte. Die Schule genoß damals so wie früher einen ausgezeichneten Ruf. Dies beweisen die Sitzungsberichte der beim Unterrichtsministerium errichteten „Zentralkommission für Angelegenheiten des gewerblichen Unterrichtes“, die unser Schulwesen beaufsichtigte. Immer wieder wird dort auf die mit Steyr gemachten günstigen Erfahrungen hingewiesen20). Direktor Pawlicka erhielt als Anerkennung für seine Verdienste um Schule und Gewerbe den Titel „Staatsgcwerbcschul- direktor“ ad personam verliehen und wurde zum Regierungsrat ernannt. Seit 1908 unterstand die Schule dem damals neu errichteten Ministerium für öffentliche Arbeiten, das die gewerblichen Schulen tatkräftig förderte. Die Wirtschaft der Monarchie weitete sich ständig aus, eine optimistische Stimmung erfüllte die Wirtschaftstreibenden. Die Schüsse von Sarajewo bedeuteten das Ende einer Epoche, eine Zeit voll von Wirrnissen brach an, auch unsere Schule wurde in ihren Strudel hineingerissen. Gleich zu Kriegsbeginn mußten mehrere Mitglieder des Lehrkörpers einrücken, ihnen folgten später auch ältere Schüler als Jungschützen. Der Fachlehrer Albert Mittringer geriet in russische Kriegsgefangenschaft, in der er 1918 starb. Auch mehrere Schüler starben den Soldatentod. Die Werkstätten der Schule wurden für militärische Zwecke in Anspruch genommen. Mitten im Krieg, 1916, verschied Direktor Pawlicka. Professor Ing. F r e i- h o f n e r wurde mit der provisorischen Leitung der Schule betraut. Es bedurfte der Anspannung aller Energien, diese Zeit durchzustehen. Schon damals wußten alle Fachleute, daß nach Kriegsende die Schule ein neues Heim bekommen müsse. Neben der Raumnot war ein weiterer Nachteil des alten Gebäudes die ständige Hochwasserbcdrohuiig. Mehrmals kam cs zu Überflutungen einzelner Räume. Zunächst schienen aber noch alle Pläne für ein neues Gebäude undurchführbar zu sein. Der Zusammenbruch der Monarchie 1918 eröffnete ungeahnte Möglichkeiten. Die große Jägerkaserne, die 1885 um 187 000 fl. errichtet worden war, verlor nach der Auflösung des Heeres ihren ursprünglichen Zweck. Der große Gebäudekomplex Schlüsselhofgasse 63 umfaßte eine Fläche von über 22 000 m2, mehr als die Hälfte davon entfiel auf Exerzierge- ländc. Der 1919 ernannte Direktor Ing. Karl Wolf setzte alle Anstrengungen daran, dieses Gebäude zu erwerben. Das bisherige Haus war um so unzureichender, als seit 1917 auch noch die neugegründete städtische Handelsschule dort untergebracht war. Das Staatsamt für Heerwesen, das die Liquidierung der Einrichtungen der kaiserlichen Armee besorgte, überließ schließlich die Kaserne der Stadtgemeinde21). Es bedurfte großer Summen, bis dieses Gebäude den Zwecken einer Fachschule genügte. Die Stadtge- mcinde holte zunächst die Bewilligung des Staatsamtes für Handel und Gewerbe ein, dem die technisch-gewerblichen Schulen nach 1918 unterstanden22), dann wurde mit dem Umbau der einstigen Kaserne begonnen. Am 1. Dezember 1920 nahm man den theoretischen Unterricht in der Schlüsselhofgasse auf, während die Werkstätten zunächst noch im alten Flause blieben. Nach einem Jahr war auch die Übersiedlung der Maschinen abgeschlossen, und am 9. Juli 1921 wurde das bisherige Schulgebäude der Stadtgemeinde zurückgegeben. Ein neues Kapitel in der bewegten Geschichte unserer Schule begann. Die Bundeslehranstalt für Eisen- und Stahlbearbeitung und für Elektrotechnik (1920—1938) Wieder, wie bei der Übersiedlung von 1883, erfolgte auch diesmal eine gründliche Reorganisation der Schule. Wohl die wichtigste Veränderung war die Angliederung einer neuen Abteilung, der für Elektrotechnik. Wir haben gesehen, daß diese Absicht schon lange zurückreichte; erst jetzt, wo Räume in genügender Zahl zur Verfügung standen, konnte sie verwirklicht werden. Eine weitere Maßnahme stellte die Auflassung der Abteilung für Messerschmiede dar. Sie hatte in den letzten Jahren unter immer größerem Schülermangel zu leiden und besaß meist nur zwei bis fünf Besucher. Damit vei- schwand von der Schule der Unterricht in jenem Direktor Regierungsrat. Ing. Karl Wolf 14

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