40 Jahre Ennsleitenkirche - Ausstellung 2010

igarchitektursteyr 6 | 32 AUFTRAGGEBER KIRCHE In einer Zeit wirtschaftlichen Aufschwungs und sozialer Veränderungen in der Arbeitersiedlung Ennsleite entwickelten motivierte Kapläne und begeisterte Schüler ein über die Grenzen bekanntes Modell kirchlicher Jugendarbeit: „FIO“. Welcher Anteil an diesem Phänomen ist der Architektur beizumessen? Steyr-Ennsleite hat nicht nur eine qualitätvolle Architektur aufzuweisen, es wurde auch ein seelsorgliches Zentrum ersten Ranges. 1969 gründeten die Kapläne Franz Haidinger und Josef Friedl zusammen mit Schülern der Höheren Technischen Lehranstalt eines der damals größten Jugendzentren, das sogenannte FIO (=„ich werde“). Bewusst wurde die Form der „geschlossenen“ Jugendarbeit gewählt, deren erklärtes Ziel es war, „zu einer voll entfalteten christlichen Existenz hinzuführen“. An den Gottesdiensten nahmen 500 bis 1.000 Gläubige, meist Jugendliche, teil. Ich war auch mehrmals dabei und war immer sehr beeindruckt. Diese Jugendarbeit ist durch lange Jahre fortgeführt worden, wobei mehrere „Kaplansgarnituren“ beteiligt waren. Natürlich ging es nicht nur um die Gottesdienste, sondern auch um die vielfältige Gruppenarbeit. Mittlerweile hat sich das doch geändert, die Jugendarbeit ist sicher schwieriger geworden. Es ist nicht nur so, dass es nicht mehr so viele Jugendliche wie in den Jahren nach dem Babyboom gibt, die ganze Zeitsituation hat sich geändert. Hauptgrund für die überwältigende Blütezeit der Jugendarbeit waren die beteiligten Personen. Sowohl die Spiritualität der Kapläne als auch die Begeisterungsfähigkeit der Jugendlichen waren maßgeblich. Welchen Anteil an diesem Phänomen die Architektur gehabt hat, ist nicht so leicht zu sagen. Man kann sich diese Gottesdienste schwerlich in einem gotischen oder barocken Raum vorstellen. Die nüchterne, aber klare und konsequente Architektur entsprach sicher dem Geist dieser Generation. Dazu beigetragen hat nach meiner Überzeugung auch, dass die Architekten in der langen Nachdenkphase (vor dem Kirchenbau) die Pläne mehrfach geändert haben. Ursprünglich Die Kirche Ennsleite heute betrug das Höhenverhältnis zwischen Hauptschiff und Seitenschiffen 4:2 und wurde dann auf 4:1 geändert; das war zwar höchst eindrucksvoll, aber ungünstig für die gemeinsame Liturgie. Die Menschen in den Seitenschiffen wären nicht mehr so unmittelbar am Geschehen beteiligt gewesen wie die Menschen im Hauptschiff. Die Architekten änderten das Höhenverhältnis schließlich auf 3:2 – so wurde der Bau auch realisiert. DDr. Günter Rombold, geboren 1925 in Stuttgart; von 1958–1991 Chefredakteur der „Christlichen Kunstblätter“, die seit 1971 als „Kunst und Kirche“ erscheinen.

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