40 Jahre Ennsleitenkirche - Ausstellung 2010

igarchitektursteyr 18 | 32 INSTRUMENT FÜR NEUES Architekturpublizisten und Seelsorger zur Kirche Steyr-Ennsleite Fragenstellung: Karin Proyer Die Ausstellung anlässlich des 40-JahrJubiläums der Kirche Ennsleite soll vor allem interessierten Laien diesen Kirchenraum nahe bringen. Und den unvorstellbaren weitsichtigen Blickwinkel dahinter zeigen, der diesen Architekturwettbewerb von 1958 realisierbar machte. Welches sind die für Sie wichtigsten Aussagen diesbezüglich? Achleitner: Natürlich symbolisierte damals die Anlage einen radikalen „Aufbruch der Geisteshaltung“. Gerade heute, wo die Kirche (wenn man das als Außenstehender sagen darf), sich vom einstigen Selbstverständnis weit entfernt hat, ist es ein erfreuliches Zeichen, wenn sich eine Pfarrgemeinde (nach 40 Jahren) wieder inhaltlich mit diesem epochalen Bauwerk auseinandersetzt. Waditschatka: Dem Projekt für Steyr war ein inoffizieller Wettbewerb vorangegangen, Gsteu/Achleitner sollten 1958 direkt beauftragt werden, aufgrund eines 3. Preises beim Wettbewerb für eine andere Kirche in OÖ: St.Martin, 1956. Achleitner ist zu dem Zeitpunkt aus der Arbeitsgemeinschaft mit Gsteu ausgestiegen, der sich daraufhin an die Arbeitsgruppe 4 – in dem Fall Kurrent und Spalt, da sich Holzbauer bis 1959 in USA und Kanada aufhielt – wandte. Gemeinsam entstanden ab 1958 erste Entwürfe für das Seelsorgezentrum, zunächst in einem konstruktiven System mit Längsbindern, in konsequenter Fortentwicklung wurde dann daraus die Konstruktion mit den X-Stützen. Die meisten Betrachter verfallen dem Irrtum zu glauben die Symbolik des Kreuzes, hier als X-Stützen verwendet, bestimmte die Entwurfsidee der Architekten. Die gestalterischen Grundideen begründen sich aber vorwiegend aus anderen Überlegungen, welche würden Sie als vorrangig nennen? Achleitner: Die Vermutung mit dem „Kreuz“, es handelt sich ja um eine X-Stütze, die sowohl vertikale als auch horizontale Kräfte übernehmen kann, ist nicht ganz falsch. Symbolisches Denken war zu dieser Zeit unter den jüngeren Architekten (Einfluss von Konrad Wachsmann) eher verpönt und wurde auch von der Kirche nicht verlangt. Die architektonische Idee war, mit einem räumlichen Element (man würde es heute Modul nennen), bestehend aus sechs X-­ Stützen und einem Rahmen aus Ortbeton (der nach dem Kräfteverlauf plastisch geformt war) das ganze Raumprogramm der Anlage entwickeln zu können. Das war damals ein architektonisch ergiebiges, konstruktives Entwurfskonzept. Das bedeutete: Beim Pfarrhof zwei Elemente übereinander (mit eingezogener Decke), beim Pfarrsaal ebenso, aber mit Zwischendecke. Bei der Kirche (beim Mittelschiff) drei Elemente übereinander, bei den Seitenschiffen jeweils zwei. Diese Module konnte man also stapeln, aber auch reihen, was eine große räumliche Vielfalt ermöglichte. Die Anordnung bei der Kirche, mit ihrer großen expressiven Geste, hatte auch einen starken Erinnerungswert an den Typus der Basilika. Friedrich Achleitner Architekturpublizist, Schriftsteller Ute Waditschatka Kuratorin, Architekturzentrum Wien Ernst Pimingstorfer Altpfarrer Rupert Federsel FIO-Kaplan

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