Geschichte des katholischen Frauen-Vereins in Steyr

40 ters Andreas, fort von ihrer lieben Mutter Gertrud von Meran, nach denfer¬ nen Lande Thüringen. Hatte sie auch Silber und Gold und köstliches Ge¬ schmeide im Ueberflusse, so trug sie doch Wehmuth im Herzen, denn sie war ja in einem fremden Lande, in einem fremden Hause, unter fremden Leuten. Hätte die kleine Elisabeth nicht frühzeitig Gott kennen gelernt, so würde sie ihre kind¬ lich reine Seele kaum ungetrübt erhalten haben. O wie weh thut es fern von den lieben Angehörigen, ein Fremdling im fremden Lande zu sein! Fremd, m. B. ist aber nicht bloß, wer von seiner Heimat fern ist, freund ist gewiß auch das Kind, das sich selbst überlassen in den Straßen der Stadt berumiret, das arme Mädchen, dem die lieben Eltern gestorben sind, oder welches nicht das Glück hatte, von frommen Eltern erzogen zu werden, das darum schon von Kindheit an dem lebendigen Christenthum entfremdet berauwächst, um dem näch¬ sten besten Wegelagerer in die Hände zu fallen. O, wer wird sich dieser ver¬ lassenen Kinder annehmen, wer wird ihnen ein Obdach bereiten und sorgen daß sie christlich erzogen und zu brauchbaren Gliedern der Gesellschaft herange¬ bildet werden Welch' eine Wohlthat wäre es, eine Anstalt, ein Haus zu besitzen, wo solche Kinder wohnen und in allen nothwendigen Dingen unterrichtet und heran¬ gebildet werden könnten Dieses Glück ist nun euch zu Theil geworden, meine lieben Kinder! die ihr in diesem Hause wohnet und daselbst erzogen werdet. Dieses Haus ist ein Haus des Segens vorzüglich für euch. Wie Jesus einstens den Petrus emporhielt, da er nahe daran war, unterzusinken im stürmischen Mere, so will er auch euch retten, daß ihr nicht untergeht im Verderben der Welt. Hier seid ihr nun wahrhaft zu Hause und genießet nebst den leiblichen Wohlthaten vor Allem den größten Segen einer christlichen Erziehung. Hier seid ihr unter der Aufsicht frommer Ordensschwestern, die euch wahre Mütter sein werden, die euch durch ihre Liebe und Beispiel eine viel bessere Heimat wieder geben, als ihr jemals gehabt hättet und die euch zugleich vorbereiten auf das zukünftige Wohnen im eigentlichen Vaterhause dort droben. Wie sollt ihr also Gott für eine solche Gnade danken, danken durch euren Eifer im Guten, durch euren Gehorsam, durch eure Ordnungsliebe und eure gute Aufführung, danken auch im täglichen Gebete für eure Wohlthäter und besonders für die edlen Frauen, deren sich Gott bedient hat, um euch eine so große Hilfe zu verschaffen. Dieses Haus, meine Verehrten! ist aber auch ferners ein Haus des Segens für Diejenigen, die an demselben Gutes üben. Christoph von Schmid sel. Andenkens, der berühmte Jugend=Schriftsteller, machte einst als Kaplan zu Seeg in Allgäu mit dem damaligen Kaplan in Mittelberg, Johann Kapistran Weber, eine kleine Fußreise. Indem sie ihre seelsorgliche Erfahrungen einander mittheilten, erzählte ihm Weber folgende Be¬ gebenheit. Kaplan Weber saß einst an einem rauhen, sehr kalten Winterabende mit seinem Pfarrer beim Tische. Ein armer dürftig gekleideter Knabe kam an das Fenster und flehte, vor Frost zitternd und mit den Zähnen klappernd, kläglich

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