125 Jahre Gesellschaft der Musikfreunde Steyr 1838-1963

leider aus finanziellen Gründen nicht möglich, das Konservatorium in Wien zu besuchen. So bildete er sich selbst weiter, und Bruckner war ihm dabei Ratgeber. Im Brief vom 6. August 1875 schreibt Bruckner ah Hofmeyr: ,,Lieber junger Freund! Ihre Frage betreffend, kann ich nur das Gesag te wiederholen: Man braucht in diesem Fach absolut einen tüchtigen Lehrer, denn selbst die Schriften würden nach meiner Meinung ohne Lehrer unverstanden oder schlecht verstanden bleiben. Also: Geduld, Geld, Unterstützung, Stipendium, Herr Kanonikus sind Ihre Losungsworte." Das war für Hofmeyr wohl eine bittere Antwort. Wie sehr zwischen Bruckner und Hofmeyr tiefe Freundschaft war, beweist der folgende Brief an Hofmeyr vom 13. Oktober 1882. In diesem Brief offenbarte Bruckner seine Liebes- schwärmerei für Therese, Tochter der angesehenen Steyrer Patrizierfamilie Jäger von Waldau, die der Meister im Jahre 1881, anläßlich sein12s Besuches bei dieser Familie, kennen- lernte. In diesem Brief heißt es unter anderem: „Der Tag des Festes der hl. Theresia ist für mich immer hochbedeutungsvoll gewesen; ich hatte stets das so teure Namensfest meiner seligen Mutter zu feiern. Von nun an tritt eine neue, hochfröhliche Feier hinzu, das Namensfest meiner allerliebsten Freundin Therese von Jäger! Da es mir jetzt noch nicht möglich war, aus eigener Feder meine innigste Verehrung zu bezeigen, so erlaube ich mir, Wagnersche Compositionen zu wählen. Melden Sie dem herzigen Fräulein meine herzinnigste Gratulation mit der Bitte, diese Stücke für Klavier gütigst annehmen zu wollen. Sagen Sie, ich lasse bitten, man möge es mir nicht als Zudring- lichkeit anrechnen." Leopold Hofmeyr war von Bruckner auserkoren, die letzte Fassung seiner 8. Symphonie ins Reine zu schreiben. In der Zeit vom 23. Juli bis 25. August 1885 komponierte Bruckner im Stadtpfarrhof zu Steyr das Scherzo seiner 8. Symphonie, in welchem er seinem Steyrer Frew1d und Verehrer Karl Almeroth ein Denkmal setzte. Bis 16. August 1885 hatte der Meister das Trio und anschließend das mächtige Finale komponiert. Auf den letzten Bogen der Skizze des Finales schrieb Bruckner den Vermerk: ,,Steyr, Stadtpfarrhof, 16. August 1885. A. Bruckner. Halleluja!" Zu den vielen Verehrern und Freunden Bruckners zählten damals der einstige Schulgehilfe von Gleink Georg Pointner, der von 1879 bis 1888 Bürgermeister der Stadt Steyr war, Gräfin Anna Lamberg, der Waffenfabriksgründer Josef Werndl, der Kaufmann Karl Alme- roth, Leopold Hofmeyr und die Familie des Bürstenbinders Josef Mayr am Wehrgraben. Die drei Töchter Josef Mayrs waren gute Sängerinnen, und Johanna, die älteste, nannte Bruckner wegen ihrer schönen Stimme seine „Primadonna" . Bei der Aufführung seiner d-Moll-Messe in der Steyrer Stadtpfarrkirche sang sie das Sopransolo. Die Musikbegeiste-

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