125 Jahre Gesellschaft der Musikfreunde Steyr 1838-1963

über diese Reisen und Besuche und - soweit noch feststellbar und überliefert - über die dortigen Musikenthusiasten zusammenfassend berichtet sein. In keinen Ort der österreichischen Provinz kam der jugendliche Meister so oft als in die Eisenstadt. Die Eindrücke, die er von den Reisen und von der Stadt empfing, mußten, dank seiner außergewöhnlichen Phantasie, sehr belebend auf seine Verfassung und seinen Schaffensdrang wirken. War er doch als Romantiker der Natur zutiefs t verbunden, wovon außer den Werken auch seine brieflichen Äußerungen eine deutliche Sprache sprechen. Das Gewicht dieser Anregungen erhöht sich noch, wenn man bedenkt, daß in Schubert zusam- menfiel, zusammenfallen mußte, was bei anderen oft in langer zeitlicher Entwicklung aus- einander gegliedert ist: die Lehr-, Wander- und Meisterjahre. Wieviel Meisterschaft ist wie von selbst vorhanden bereits an Stationen der Lebensbahn, da andere noch tief im Lernen und Aufnehmen stecken! Schubert durfte nicht warten ... In drei Sommern hielt sich Franz Schubert in Steyr auf: 1819, 1823 und 1825, im letzten Jahr aber, wenn man größere Unterbrechungen berücksichtigt, dreimal, so daß man auch sagen kann, der Komponist weilte fünfmal in der idyllischen Zweiflüssestadt. Schwieriger ist es, heute noch genau festzustellen, wo er und Vogl jeweils das Quartier bezogen. Die Darsteller des Schubert-Lebens weichen hier oft nicht wenig voneinander ab . Die Aufenthalte verteilen sich auf drei Häuser: das schon ·genannte des Herrn Silvester Paumgartner und zwei weitere: etwa 100 Meter oberhalb, aus der Front vorspringend und etwas schräg gegenüber dem Rathaus steht heute noch als stattlicheres Gebäude das Haus Nr. 34 mit interessantem Arkadenhof wie so viele. (Es beherbergt heute die Steyrer Zweigstelle der Volkskreditbank.) Das Haus gehörte damals dem k. k. Berggerichts-Advokaten Dr. Albert Seheilmann; darin wohnte auch als sein Neffe Schuberts Konviktfreund Stadler, der damals im Kreisamt berufstätig war. Bei diesem, im 2 . Stock des Hauses, fand der Komponist, zumindest beim ersten Aufenthalt, Aufnahme, so viel steht fest, während Vogl beim Eisenhändler Josef von Koller gewohnt haben dürfte, wo beide gewöhnlich speisten und wo auch eifrig musiziert wurde, wovon noch die Rede sein wird. Kollers Haus, heute Stadtplatz Nr. 11 (Eidenberger- Arabia) mit einem gleichfalls sehenswerten Hof, liegt schräg links gegenüber dem Paum- gar tnerschen und direkt neben dem neueren Gebäude des Kreisgerichtes. In den Räumen dieses ehemals Kollerschen Hauses, in der ganzen Einrichtung vor allem, weht noch am meisten jener Biedermeiersehe Zeitgeist, wenngleich auch hier die persönliche Verbindung abgerissen ist. Die Atmosphäre der Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit, der wir - ,,auf den Spuren Schuberts wandelnd" - bereits im anderen Haus begegnen durften, hat auch hier noch eine Heimstätte bewahrt. Mit 21 Jahren war für Schubert der erste Schritt aus der Wiener Vaterstadt hinaus erfolgt, hatte die erste Reise stattgefunden: ostwärts nach Schloß Zelesz im slowakisch-ungarischen

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