125 Jahre Gesellschaft der Musikfreunde Steyr 1838-1963

Zwischen dem 1. und 2. Stockwerk, so hoch, daß es einer leichten Anstrengung bedarf, den Text zu lesen, befindet sich eine Gedenktafel mit Kopfrelief aus Sandstein von der Hand Meister Tilgners. Die Steyrer Liedertafel s tiftete sie im Jahre 1890 zur Erinnerung an den Aufenthalt Franz Schuberts daselbst. Das Datum stimmt nicht ganz, aber das ist schließlich nicht so wichtig. Unter der liebenswürdigen Führung der Hausbewohner dürfen wir die kreuz- gewölbten Gänge und Räume betreten, die engen, stei len Stiegen - hu, wie finster muß es hier vor Erfindung des Elektrolichtes gewesen sein! - mit dem großen, schmiedeeisernen Geländer, die lieblichen Höfe und vor allem den geräumigen Salon, in dem sich jener „große Musikbetrieb ", wie es heißt, abspielte, die beschwingend-beschwingten Hauskonzerte, zu denen sich auf Einladung des wohlhabenden Hausherrn eine Gemeinde von andächtigen Zuhörern eingefunden hatte. Silvester Paumgar tner hieß er, nach anderen Sylvester von Paum- garten, und noch vier Schreibweisen gibt es nach echt-barocker Sitte, war hauptgewerkschaft- licher „Vicefaktor " und um 1800 viele Jahre Bürgermeister, dann als Jurist Hofrichter im Stift Schlägl und starb Ende 1837 nach zehnjähriger Tätigkeit als Syndikus in Rohrbach im Mühlkreis . Sein Nachkomme ist dem Vernehmen nach der bekannte, langjährige Leiter des Mozarteums, Mozart- und Schubert-Biograph Bernhard Paumgartner in Salzburg. In diesem Hause erklangen also schon 1819 unter Mitwirkung des jugendlichen Meisters Schubert selbst die seligen Weisen, die nachher die ganze Welt erregen so llten. Es soll noch ausführlicher von diesen Ereignissen erzählt werden sowie von den anderen durch den bedeutenden Gast geweihten Stätten; vorerst aber sei jener Persönlichkeiten gedacht, denen diese konkrete Verbindung der Stadt mit dem Meis ter zu danken ist. An Franz Schuberts schaffensfrohem, kurzem Lebensweg wird die Bedeutung der Freund- schaft wie an keinem anderen evident. Wie genial ist doch das Schicksalsnetz der Begeg- nungen und gegenseitigen Förderungen im einzelnen gewirkt! Was wäre Schubert ohne seine Freunde? Der Kreis ist wie ein unversieglicher, befeuernder Kraftguell, dazu Beschützer und Tröster in allen Lagen. Rührend die Sorge der Gefährten um sein seelisches und leibliches Wohl, um seine Anerkennung und Verbindung zur Welt, die gegenseitigen geistigen Anregungen. Auch über manche berufsbedingte räumliche Trennung hinweg (man denke an Spauns Linzer und Lemberger Zeit, an Kupelwiesers Rom- und Schobers Breslau- Aufenthalt) der innere Zusammenhalt; schönste Eigenschaft dieser Gemeinschaft auch durch manche Auseinandersetzungen hindurch die TREUE. Freilich sind auch manche nur vorüber- gehend dabei gewesen und andere wieder am Rande. Die größte Zahl und den wesentlichen Anteil der Schubertianer aus der Provinz stellen die Steyrer dar. Ihnen und ihrer tragenden Rolle in diesem Reigen um den genialen Musikanten sollen die nächs ten Ausführungen gewidmet sein. Schon frühzeitig entwickeln sich die ersten Zusammenhänge, nämlich nach Schuberts Eintritt

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2