Amtsblatt 1886/27 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 30. September 1886

4 aus Fabriken unter Garantie des geforderten Gehaltes oder aus Apotheken zu beziehen; im letzteren Falle darf nicht der in der Arzneitaxe festgesetzte Preis, der nur für die Carbolsäüre als Arzneimittel gilt, angerechnet werden, sondern muß sich der Apotheker mit dem üblichen Markt ­ preise begnügen. Die Leichen dürfen nicht gewaschen, sondern nur in ein mit sünfprocentiger Carbollösung durchtränktes Leintuch gewickelt in den Sarg gelegt werden. Zur Desinfektion aller dem öffentlichen Verkehre zu ­ gänglichen Aborte, sowie derjenigen der Cholerahäuser ist rohe Carbolsäure zu verwenden. Die jeweilig entleerten Abtrittsbehälter sind mit einer Mischung aus einem Theil roher Carbolsäure und neun Theilen Wasser zu beschütten, derart, daß etwa der fünfte Theil des Rauminhaltes damit gefüllt ist. Bei eintrctendem Mangel an Carbolsäure wird zur Desinfektion der Aborte Eisenvitriol oder, wo es leicht aus Bleichkalkfabriken erhaltbar ist, Chlormangan zu ver ­ wenden sein. Von diesen Salzen ist soviel zur Desinfektion der Aborte zu nehmen, daß der Senkgrubeninhalt stets eine saure Reaction behält. Man rechnet aus Person und Tag etwa 25 bis 3V Gramm. Eine besondere Aufmerksamkeit ist nebst der Desinfektion der Reinhaltung der Aborte und deren Lüftung zuzuwenden. Mehrseitig wird zur Spülung der Aborte und insbesondere zur Ausspülung des Trichters die sogenannte Wiener Lösung, bestehend aus 100 Gramm roher Carbolsäüre und 200 Gramm Eisenvitriol, in zwei Liter heißem Wasser aufgelöst, verwendet. Es ist zu be ­ merken, daß die desinfectorische Wirkung der Metallsalze eine geringe ist, daß sie aber wirksamer die Entwicklung des widerlichen Geruchs durch Bindung der bei der Fäul^iß entstehenden flüchtigen Zersetzungsproducte hindern, als dies die Carbolsäüre zu bewirken vermag. Die Desinfektion von Anstandsorten kann auch durch Ausstreuen von kräftigem Chlorkalk vorgenommen werden. Gleichzeitig Carbolsäure in Anwendung zu bringen, wäre deshalb zweckwidrig, weil diese Körper aus einander eine chemische Wirkung ausüben und das gebildete Produkt einen höchst widerwärtigen Geruch besitzt, der an Gegen ­ ständen hartnäckig anhastet und selbst durch ausgiebige Lüftung nicht zu beseitigen ist. Es ist Vorsorge zu treffen, daß in jeder von der Epidemie betroffenen Gemeinde der nöthige Vorrath an Desinfektionsmitteln stets vorhanden sei. In Betreff der Erstattung der periodischen Rapporte und Schlußberichte ist sich nach den bestehenden Vorschriften zu benehmen. Ganz besondere Aufmerksamkeit ist der Er ­ hebung der antiologischen Momente zu widmen, der Ur ­ sprung, Gang, die Verbreitungsweise der Epidemie, ihr Festsetzen in bestimmten Orten, Häusergruppen oder einzelnen Häusern und die Umstände, welche Hiebei mitwirken, in Berücksichtigung zu ziehen. Für die Bedeckung der Kosten ist sich nach den be ­ stehenden Normen zu benehmen. Den von den Gemeinden rechtzeitig errichteten Cholera- Nothspitälern kann für die Dauer der Epidemie das Oeffentlichkeitsrechl zuerkannt werden. Z. 7720. Rn sämmiticke Oememlle - Vorstekungm. Laut einer amtlichen Meldung des k. k. General- ConsulateS in Warschau dürfen vom 18. September d. I. angefangen Reisende aus der Oesierreichisch - ungarischen Monarchie auf den Bahnstationen Granica und Sosnowicc nach Rußland nur eingelassen werden, wenn sie ein Zeugniß eines russischen Consules, daß sie aus cholerasreien Gegenden kommen, vorzuweisen in der Lage sind, oder sich in den genannten Stationen einer ärztlichen Visite unterziehen. Der Straßenverkehr von Krakau nach Miechow und Olkusz wurde behufs Verhinderung der Umgehung obiger Anordnung gesperrt. Dies wird auf Grund des Erlasses des hohen k. k. Ministeriums des Innern vom 21. d. M. Z. 17026 zu Folge Erlasses der hohen k. k. Statthalterei in Linz vom 22. d. M. Z. 12389/V den Gemeinde - Vorstehungen mit dem Austrage zur Kenntniß gebracht, dafür Sorge zu tragen, daß die Bevölkerung von dieser Verkehrsbeschränkung in die Kenntniß gesetzt werde. Steyr, am 27. September 1886. Z. 7308. Rn sämmttilke Gememcke-Aorstcklmgm Mll k. k. Gmckarmem-PoßeMommMliM. Laut des Erlasses des h. k. k. Ministeriums für Lan ­ desvertheidigung vom 14. August 1886 Z. 12.242/2443/Hb hat die k. k. Statthalterei für Mähren um die Veranlassung der Ausforschung des am 1. Februar 1864 in Eisenberg a/d. March im Bezirke M.-Schönberg gebornen Johann Wonesch, Sohn des Papiermachers Johann und der Johanna Wonesch, welcher zur Nachstellung vorgemerkt ist, angesucht. Diese Familie ist von Prag, wo sie sich längere Zeit aufgehalten hat, im Jahre 1872 nach Oberösterreich über- siedelt. Daten über das Leben und den gegenwärtigen Aufenthalt des Genannten liegen nicht vor. In Folge h. Statthalterei-Erlaffes vom 6. Sept. 1886 Z. 10.869/IV ergeht der Auftrag, die bezüglichen Nach ­ forschungen insbesondere in der Richtung einzuleiten, ob der Genannte nicht etwa in einem der Verzeichnisse der Stellungs ­ pflichtigen einer Gemeinde aufgeführt erscheint, dort seiner Stellungspflicht Genüge geleistet hat oder gestorben ist. Ein positives Resultat ist bis 15. Oktober l. I. anher zu berichten. Steyr, am 12. September 1886. Z. 1429/B.-Sch.-R. Nil säimMcke KMtMilgm. Kundmachung. Die Interessen der Leopold, Anton und Maria Dierli- schen Stiftung für zwei in bedrängter Lage befindliche brave Lehrer im hiesigen Amts- und Schulbezirke werven demnächst fällig und wird demzufolge laut Sitzungsbeschlusses vom gestrigen Tage der diesfällige Concurs zur Bewerbung mit dem Termine bis Ende Oktober l. I. ausgeschrieben. Hierauf Reflectirende haben innerhalb dieser Zeit ihre documentirten gestempelten Gesuche hieramts einzubringen. K. k. Bezirksschulraty Steyr am 28. September 1886. Redaction und Verlag der k. k. Bezirkshauptmaunschaft Steyr. — Haas'sche Buchdruckerei i» Steyr.

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