Amtsblatt 1884/15 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 30. Mai 1884

Trotzdem ist der genannte Vagant nicht zu bewegen, über seine wahre Herkunft u. s. w. nähere Aufschlüsse zu geben und scheint es nach von ihm gemachten Aeußerungen darauf abgesehen zu haben, sich als Heimatloser eine neue Zuständigkeit zu erschwindeln, um eine entsprechende Geld¬ unterstützung und gute Kleider zu erhalten. In letzterer Zeit will sich der Genannte mit Viehtrieb aus Steiermark und Kärnten beschäftigt haben, und sei von einem anderen Viehtreiber Namens „Graner Sepp“ aus Kärnten hiezu gedungen worden. Der angebliche Conrad Weidele ist 1•71 Meter groß, hat ovales Gesicht, bräunliche gesunde Gesichtsfarbe, hohe breite Stirne, lichtbraune fast blonde Haare, blonde Augen¬ brauen, blaue Augen, reguläre Nase, kleinen Mund, blonden Schnurbart, rundes kurzes Kinn, die Zähne sind vorne gut, die Mahlzähne jedoch schadhaft. Als besondere Kennzeichen hat derselbe am linken Schenkel rückwärts ein Muttermal in der Größe eines Vier¬ kreuzerstückes, dann ober dem linken Becken und vorne am linken Schenkel ein solches wie eine Kaffeebohne, ferner links und rechts neben dem Geschlechtstheile eine schief¬ laufende Schnittwunde, welche wahrscheinlich von einer erst üngst überstandenen syphilitischen Krankheit herrühren dürfte. Weidele behauptet, daß er diese Wunden durch einen Sturz von einem Gaul erhalten habe, wahrscheinlich um das Spital nicht angeben zu müssen, in welchem er behandelt wurde. Am linken und rechten Arm sind Tätowirungen ersichtlich, welche einen Ochsenkopf, zwei Fleischhacken, die Buchstaben A. H., einen Fleischerstreicher und ein Fleischer¬ messer darstellen. Am linken Arm sind diese Gegenstände von unten aufwärts bis zur Hälfte mit einem Laubwerk in Form eines Kranzes eingeschlossen. Hieraus dürfte mit Sicherheit zu entnehmen sein, daß Conrad Weidele nicht der richtige Name des Inhaftirten ist. Seiner Aussprache nach dürfte der Genannte muth¬ maßlich aus Baiern oder den angrenzenden Theilen von Oberösterreich stammen Nach Aussage eines Mithäftlings soll der fragliche Vagant mit einem Weidele aus der Schweiz in München in Haft gewesen sein, dessen Namen er angenommen haben dürfte. Ferner soll zu dieser Zeit ein gewisser Reuschmann inhaftirt gewesen sein, welcher in Laufen vor nicht langer Zeit eine Strafe von 18 und 4 Monaten Haft verbüßte und erst kürzlich von Niederösterreich in seine Heimat verschoben wurde; auch bei der Stadtgemeinde Linz soll derselbe schon inhaftirt gewesen sein. Es dürfte nun nicht unmöglich sein, daß der fragliche Conrad Weidele mit Reuschmann identisch ist, oder daß Letzterer über ihn Auskunft geben könnte. Ueber die Identität und Provenienz des Genannten sind infolge hohen Statthalterei=Erlasses vom 20. d. M. 6002/VIII, die eindringlichsten Erhebungen bei den Gemeinden, Spitälern, Schubstationen und Gerichten zu pflegen, ein positives Resultat aber bis 15. Juni l. J. anher anzuzeigen. Steyr, am 27. Mai 1884. Der k. k. Bezirkshauptmann. Z. 509/B.=Sch.=R. n sämmtliche Gemeinde=Vorstehungen und Schulleitungen. Ein im vorigen Monate in der Gemeinde Thanstetten stattgehabter Unfug seitens eines Schulknaben mit Zünd¬ hölzchen veranlaßt mich, über Ersuchen des k. k. Be¬ zirksschulrathes, darauf hinzuweisen, daß, obschon die Aufbewahrung und Hantirung mit diesen im täglichen Leben so häufig gebrauchten Zündmitteln die höchste Vorsicht erheischt, diese doch auf eine bedauerliche und wahrhaft gewissenlose Weise ganz außer Acht gelassen zu werden pflegt und den Herren Gemeinde=Vorstehern zu bedeuten, die Hauswirthe und deren Dienstleute auf einen vorsichtigeren Gebrauch der Zündhölzchen aufmerksam zu machen und ernstlich zu erinnern, die Streichhölzchen, als Ursache von mancherlei Unglücksfällen, in einer Artund Weise aufzubewahren, daß die Kinder zu denselbennicht gelangen können; auch ist den Hauswirthen eine angemessene Beaufsichtigung der Kinder nahezulegen, insbesondereund hauptsächlich dann wenn die Ortsbewohner großentheils auf den von der Realität entlegeneren Grundstücken be¬ schäftigt sind. Die Schulleitungen werden eingeladen, in der ange¬ deuteten Beziehung nachhaltig belehrend und warnend auf die anvertraute Jugend einzuwirken. K. k. Bezirksschulrath Steyr am 28. Mai 1884. Der Vorsitzende. Z. 3679. An sämmtliche 6emeinde=Vorstehungen und die k. k. Gendarmerie=Posten=Commanden. Josef Prechtler, geboren zu Linz im Jahre 1839, zuständig nach Linz, katholisch, lediger Schriftsetzer; Ludwig Alis, geboren zu Linz im Jahre 1851, zuständig nach Linz, katholisch, lediger Kellner; Josef Neuman, geboren zu Urfahr=Linz im Jahre 1830, zuständig nach Linz, katholisch, lediger Messerschmied, wurden sämmtlich mit hierämtlichem rechtskräftigen Erkenntnisse vom 13. Mai 1884, Z. 2917, auf Grund des § 2 des Gesetzes vom 27. Juli 1871, R.=G.=Bl. Nr. 88, wegen der denselben wiederholt zur Last fallenden Uebertretung des § 1, a und b des citirten Gesetzes aus dem Gemeindegebiete Neuhofen an der Krems für immer abgeschafft. Dies wird hiemit verlautbart. Steyr, am 20. Mai 1884. Der k. k. Bezirkshauptmann.

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