Amtsblatt 1884/11 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 20. April 1884

2 Z. 2803. n sämmtliche Gemeinde=Vorstehungen und an die hochwürdigen Pfarrämter. Am 6. d. M., 11 Uhr Nachts, brach in der Ortschaft Weinberg, Gemeinde Neukirchen, Bezirk Wels, Feuer aus, welches, begünstigt von der großen Trockenheit und einem starken Winde, in rapider Weise um sich griff und binnen kurzer Zeit 10 Anwesen mit den meisten Fahrnissen und zahlreichem Nutzvieh vernichtete. Die sämmtlichen Abbrändler sind wol assecurirt, aber mit so geringen Beträgen, daß der unbedeckte Schaden noch immer mehr als 20.000 fl beträgt; für die Hälfte der Verunglückten ist der Schaden ein um so empfindlicherer, als er theils sehr arme, theils infolge des hohen Alters oder der erhaltenen Brandwunden erwerbsunfähige Leute trifft. Zur Linderung des Elendes der Verunglückten hat das hohe k. k. Statthalterei=Präsidium laut- Erlasses vom 12. d. M., Z. 806, über Einschreiten des Herrn k. k. Bezirks¬ hauptmannes in Wels eine Sammlung milder Gaben in ganz Oberösterreich bewilligt, infolge dessen die Gemeinde¬ Vorstehungen eingeladen werden, die Sammlung zu dem bezeichneten Zwecke im Einvernehmen mit den hochwürdigen Pfarrämtern unverweilt einzuleiten und die eingehenden Beträge zuverlässig binnen vier Wochen anher zu senden. Steyr, am 14. April 1884. Der k. k. Bezirkshauptmann. Z. 2652. An sämmtliche Gemeinde=Vorstehungen. Die hohe k. k. Statthalterei in Linz hat mit dem Erlasse vom 25. v. M., Z. 3335/V, auf die vielfache Außerachtlassung der Bestimmungen der Abdecker= und Fleischbeschau=Ordnung hingewiesen, wodurch insbesondere die materiellen Interessen der Abdecker bedeutend geschädigt werden. So wird darüber Klage geführt, daß von den Viehbesitzern Viehumfälle den Wasenmeistern nicht angezeigt und umgestandene Thiere von den Viehbesitzern selbst ab¬ gehäutet und verscharrt werden; daß erkrankte, oft schon dem Verenden nahe Pferde und Rinder geschlachtet, deren Fleisch ohne vorhergegangene Beschau verwerthet, daß von den Parteien die den Wasenmeistern zukommende Gebühr für ihre Verrichtungen häufig nicht geleistet wird und daß die Gemeinde=Vorstehungen vorgebrachten Beschwerden gegenüber sich ganz passiv verhalten, anstatt Abhilfe zu chaffen und ihren Verpflichtungen gemäß einzuschreiten. Indem ich bei diesem Anlasse auf die bestehenden gesetzlichen Normen, und zwar speciell auf das Gesetz vom 30. April 1870, R.=G.=Bl. Nr. 68, und auf das Landes¬ gesetz vom 5. April 1883, G.= u. V.=Bl. XXII St. Nr. 38, mich beziehe, bringe ich die wiederholten diesbezüglichen Weisungen, insbesondere den hierämtlichen Erlaß vom 8. März 1884, Z. 1765, Amtsblatt Nr. 8, zur strengsten Darnachachtung abermals in Erinnerung. Was insbesondere die Gemeinden des Gerichtssprengels Weyer anbelangt, weise ich den Herrn k. k. Bezirksarzt an, die Verhandlung wegen Regelung des Wasenmeisterbezirks festzusetzen und in Bälde zum Abschlusse zu bringen. Nachdem es mehrfach vorkommt, daß das wichtige Geschäft der Vieh= und Fleibeschau im Argen liegt, haben die Gemeinde=Vorstehungen dieser Angelegenheit eine be¬ sondere Aufmerksamkeit zu widmen und ausdrücklich anzu¬ ordnen, daß im Sinne des § 12 des Gesetzes vom 29. Februar 1880, R.=G.=Bl. Nr. 35, auch bei Nothschlach¬ tungen stets die Beschau vorgenommen werde. Da außerdem auch die Wahrnehmung gemacht wurde, daß in Gemeinden wo sowol Aerzte, als Cur= und Hufschmiede zu Gebote tehen, dennoch an hiezu nicht befähigte Personen die vor¬ erwähnte Beschau übertragen ist, werden die Gemeinde¬ Vorstehungen zugleich beauftragt, im Nachhange zu dem Sanitäts= und Veterinär=Jahresberichte ein nominatives Verzeichniß der Vieh= und Fleischbeschauer unter Angabe ihres Wohnsitzes und Charakters und der gegenwärtigen Entlohnung derselben ebenfalls bis 31. kommenden Monats anher vorzulegen. Unter Einem wird anher zu berichten sein, ob im dortigen Gebiete etwa die Abdecker=Sammlung noch besteht, und bejahenden Falles, auf welchem Titel dieselbe beruht. Steyr, am 17. April 1884. Der k. k. Bezirkshauptmann. Z. 2827. An sämmtliche Gemeinde=Vorstekungen. Paul Treidl, geboren am 12. Mai 1827, zuständig in der Gemeinde Weißenkirchen, Bezirk Frankenmarkt, Witwer, ohne Besitz und ohne bestimmten Erwerb, ein un¬ verbesserlicher Vagant und raffinirter Bettler, den seine Heimatgemeinde als eine wahre „Gemeinde=Geißel“ be¬ zeichnet, liebt es, sich unter Simulation von Krankheiten in die Krankenhäuser Oberösterreich's und des Kronlandes Salzburg aufnehmen zu lassen und unter allerlei Vorspiege¬ lungen Unterstützungen auf Kosten seiner Heimatsgemeinde, die schon wiederholt sehr erhebliche Beträge für diesen Professions=Müssiggänger zahlen mußte, zu erschwindeln. Ueber Einschreiten der Gemeinde Weißenkirchen und der k. k. Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck werden die Gemeinde=Vorstehungen zufolge Erlasses der hohen k. k. Statthalterei in Linz vom 9. April 1884, Z. 4162/VIII angewiesen, eine Abgabe des Treidl in ein Krankenhaus nur im strengsten Nothfall zu veranlassen und demselben durchaus keine Unterstützung auf Kosten seiner Heimats¬ gemeinde zu verabfolgen vielmehr gegen denselben die strengsten polizeilichen Maßregeln in Anwendung zu bringen. Steyr, am 16. April 1884. Der k. k. Bezirkshauptmann.

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