Oberösterreichischer Volkskalender 1928

Rede mehr. Den Bettellods-Adam wollen die Brentlerinnen nicht einmal mehr ins Heu lassen, weil er der berüchtigte Bettellods-Adam ist. Heute muß ihm eine Rindenhütte genügen oder Fichtenäste mitten im Hochwald, ihm genügt eine solche Liegerstatt auch. Schußlicht war noch nicht, als der Damerl aus den Aesten kroch und im Sauboden das Pechern begann. Eifrig, ohne viel Geräusch kratzte er mit dem Knicker das Harz aus den Fichten in seinen Schnappsack, hurtig von Baum zu Baum, die bebarteten, halberstickten Lärchen verächtlich beiseite lassend. Ein plötzliches Knacken läßt den Damerl aufhorchen, schnell gleitet der Sack zu Boden, aber schon steht der Forstwart in Uni– form vor ihm. ,,Gib Di" (ergebe dich) heißt es, und „na" (nein) lautet die rauhe Antwort. Dem Damerl seine Messerklinge blitzt durch die Luft und die Beiden sind aneinander. Ein kurzes Ringen und der Alte liegt bezwun– gen am Boden. Schnappsack und Messer versorgt der Forstwart, dann wird der Damerl durch die Bergwildnis abwärts transportiert, dem Gerichtsgefängnis zu. Wär' allweil noch besser im Kotter, wenn nur nicht die gestrengen Gerichtsherren wären, die aus einer Mucken gleich einen Elephanten macheten. Wie der Adam es diesmal auch anstellen wollte, es nutzte nichts, er versuchte zu konstatieren, daß er auf nichtärarischem Grunde pecherte, allein das Verbrechen der öffentlichen Gewalttätigkeit mit gefährlicher Messerdrohung und Angriff einer Person in Ausübung der Dienstpflicht blieb auf ihm sitzen, gleichviel auf welchem Grund und Boden die Tat geschah. Einige Tage pechern kostet verschiedene Tage Gefängnis, aber die öffentliche Gewalttätigkeit - die hat acht Monate Ker– ker eingebracht. Der Damerl schaute dem Oberrichter verdutzt ins Gesicht, acht Monate für das Bißl Rumfuchteln mit dem schartigen Messer, das versteht der Adam nicht und deshalb hielt er an die Gerichtsherren eine Ansprache, wie der beste Landadvokat. Aber appellieren geht nicht, weil die Sache schon in zweiter Instanz verhandelt ist zu Leoben. Also die Strafe anneh– men. Der Damerl möchte sich die Geschichte zwar noch überlegen, aber die Herren vom Gericht erklärten, er hätte sich den Angriff auf den Forst– wart auch früher überlegen sollen. ,,Aber a Siebziger und a blutjunger Forstwart?" ,,Tut nichts, acht Monate mit Rücksicht auf die vielen Vorstrafen." Kopfschüttelnd verließ der Bettellods-Adam das Gerichtsgebäude und in selber Stunde die Amtsstadt. All' seinen Groll ließ er an seinen Füßen aus, und marschierte (weil ihm das Geld zum Fahren fehlte) d_en etwa zwanzigstündigen Weg in kaum sechzehn Stunden hin zu seiner Keusche hoch droben im Gebirge. Wenn das die Gerichtsherren in Leoben erfahren, die werden sich nicht wenig ärgern und das ist dem Bettellods-Adam seine Rache für das Urteil. Was er dann machen wird? Mit den Augen zwinkernd meinte der Damerl, er werde schandenhalber die Strafe schon absitzen. - Und wegen dem pechern? Pecherngehen muß er, weil er leben müsse. Aber künftighin werde er das Pech von den Bäumen mit der Zunge ab s c h 1e c k e n und kein Messer mehr mitnehmen. Da brauche sich der Forstwart nicht mehr vor Binem siebzigjährigen Greis zu fürchten und die Geric])tsherren bringen dann keine Gewalttätigkeit mehr fertig. ,,Ja, a so mach' i 's," sagte der Damerl und schlich in den Wald. .......... ............ 62

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