Oberösterreichischer Volkskalender 1928

Brasilien. / Land und Leute. Seit mehreren Ja:hren wird dieses Land Gummi, Baumwolle u. a. An Edelhölzern meh>r den je unter den Auswanderungslusti- dürfte es einzig dastehen und der Erzreich– gen genannt und dürfte eine kurze Schilde- t'!-m harrt nur noch der Erschließung. Kurz rung über dasselbe nicht unangebracht sein. ern an Naturschätzen reich gesegnetes Land. Brasilien (eigentlich „Vereinigte Staaten D s B T ") • • . e~ trom der . Auswanderung bewegte von rasi ien war ernst eme portugiesi- sich In letzter Zeit besonders nach dem sehe Kolonie, seit 182'2 ein Kaiserreich wur- S de 1889 .in eine Republik umgew~ndelt. taate Sa:o Paulo und als Landungsziel bezw. Ue!>er Nacht setzte man den damaligen erster Aufenthaltsort kommt hiebei immer Kaiser J?on Pedro II. ab, die Veränderung dessen Hauptstadt in Betracht und dieser der Regierungsform verlief ohne Blutvergie- seien unsere Zeilen besonders gewidmet. i3en. Dieses mächtige Staatengebilde, das Sao Paulo mit ihren zirka 800.000 Einwoh– noch weite Strecken unerforschten Landes nern liegt in ,einer Meereshöhe von 800 m besitzt, auch noch' Indianerstämme in seinem und wird vom Hafen Santos aus in etwa Urzustand aufweist, hat einen Flächeninhalt 2 1/2 Bahnstunden erreicht. Der Bau der · von 8,337.000 Quadratkilometer (also fast ersten Bahnlinie bot durch die rasche Stei- 100mal so groß als das heutige Oesterreich) gung große Schwierigkeiten und man ent– und erstreckt sich vom Aequator bis nahe schloß sich zu einer sogenannten Funikular– an die südliche gemäßigte Zone, hat also bahn, auf welcher die Züge mittels Drahtseils ZU.l{l größten Teil tropisches Klima. Nur die durch stehende Maschinen, in fünf Rampen Südstaaten wie Rio Grande du Sul Santa eingeteilt, bergauf gezogen werden. Mit Katharina, Parana und auch noch Sa~ Paulo elf Kilometer wird das Hochplateau erreicht. liegen für den Europäer günstiger und war Das Drahtseil wird dann ausgehängt und es natürlich, daß sich dorthin der Haupt- der Zug fährt durch eigene Kraft nach Sao strom der Europamüden wandte unter Paulo weiter. Eine zweite Bahn mit klei– denen ein hoher Prozentsatz deutschien Blu- nen Abweichungen wurde später fast neben tes war. Besonders in den zwei erstgenann- der alten gebaut, welche jetzt hauptsächlich ten Staaten sind heute fast zur Hälfte Ab- dem Personenverkehr dient während die kömmlinge von eingewanderten Deutschen. äl~ere für den Güterv,erkeh~ benützt wird. Die Nordstaaten, wie Para, Pemambuco u. a. Die Auffahrt bietet dem Reisenden herrliche sind ungemein heiß und für den Einwan- Sz_enerien. Viadukte, schwindelnd hoch, so– derer fast unerträglich, Malaria und gelbes wie TuJ?:nel~ wechs~ln in rascher Folge, rund Fieber sind dort ständige Gäste. h~rum uppige _tropische Vegetation und ver- Allg-emein kennt man Brasilien als•Kaffee- ernzelnd m Lichtungen zeigen Lehmhäus– land und von der ganzen Ernte der Welt chen Spuren menschlichen Daseins. Nur kommen ihm 75 J>lro21ent zu. Die Haupt- in der Nähe der Kraftstationen befin– sammelstelle der Bohnenzufuhr aus dem den sich freundliche Angestelltenwohnun– Innern des Landes ist Sao Paulo, die Haupt- gen. De~. Hoche!>ene entlang aber sehen wir stadt des gleichnamigen Staates. Ueber zwei schon großere Siedlungen, doch es sind alles f~st nebeneinander liegende, von einer eng- Kleinbauern, welche mit vieler Mühe den hschen Gesellschaft -erbaute Bahnlinien roten Lehmboden bearbeiten und meistens wird der in 60 kg-Säcken gefül:lte Kaffee mit wenig Erfolg; da die Absatzmöglichkeit nach dem Haferu Santos geschfokt und dort- der spärlichen Produkte per, Bahn zu kost– selbst auf die Schiffe aller Herrenländer spielig ist. Er wird stets im Schweiße seines verladen. Vor kurzem wa·ren es 200· Jahre Angesichts sein Brot verdienen. Nun geht seit der Pflanzung der ersten Kaffeebäum- es rasch! der Stadt entgegen. chen und beging man diesen Jahrestag durch Der Europäer stellt sich unter Brasilien besondere Festlichkeiten,. Die heurige Ernte gewöhnlich ein noch sehr rückständiges (1927) wird auf die Kleinigkeit von 20 Millio- Land vo_r, doc_h dem ist nicht so. Zeigten nen Säcke geschätzt, wovon auf den Staat schon die klerneren Orte an den Stationen Sao Paulo allein 16 Millionen entfallen dürf- ein nettes Aussehen, umsomehr finden wir ten. Dies ist mehr, als der Weltkonsum be- d~es in der Stadtnähe. Die Straßen zeigen darf und müßte, wenn die Ernte tatsächlich em fast ganz europäisches Bild. Alles ge– so gut ausfällt, eine Preissenkung des pflastert, schöne Gehsteige, elektr. Beleuch– Kaffees hervorrufen. Nebenbei liefert Bra- tung, moderne Hotels, prächtige Villen von silien noch Zucker (aus Zuckerrohr), Kakao, alten brasilianischen Familien, welche im 51 4*

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