Oberösterreichischer Volkskalender 1928

den wurde nachgeschossen, Frauen und Kinder fielen von dem todbrin– genden Blei. Samstag, den 16. Juli, wiederholten sich die Vorgänge in den Straßen Wiens. In ihrer grenzenlosen Wut steckte die Menge den Justiz– palast in Flammen, stürmte Wachlokale und demolierte einige bürgerliche Zeitungsredaktionen, darunter die „Reichspost", die den Freispruch als ein „Klares Urteil" bezeichnete. 100 Tote und über 800 Verletzte waren das Resultat der „Ordnungsarbeit" der Wiener Polizei. Die Reaktion trium– phierte, Prälat S e i p e l „lobte" seine Polizei, die so sicher schießen konnte. Man hatte es der Arbeiterschaft einmal gezeigt, wer „Herr im Hause" ist! Der von unseren Genossen Eisenbahnern und Postlern restlos, durchgeführte V e r k ehr s s t r e i k brachte den bluttrunkenen Herr– schaften allerdings zum Bewußtsein, daß auch die Bäume der Reaktion Das abgebrannte Erholungsheim in Christkindl nicht in den Himmel wachsen. Das Bürgertum jubelte dem Prälaten Seipel, dem Mann mit der „starken Faust" zu - die „Autorität" war gerettet: 100 uns c h u 1d i g e Menschen 1a gen auf der Toten– bahre! ..... Unsere „Schwarzgelben" witterten Morgenluft. Ein unbeschreiblicher Heimwehrrummel setzte ein; man hatte Blut, Arb e i t erb 1 u t, gelechzt! - - Die Arbeiterschaft wird aus den Tagen von Schatte n d o r f und Wien die nötigen Lehren zu ziehen wissen; sie wird den Kriegslärm im Lager der Feinde nicht überhören. Für die österreichische organisierte Arbeiterschaft heißt es jetzt b e r e i t s e i n, und den Dingen, die da kom– men, mit Ruhe und Besonnenheit zu begegnen! * * * 38

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