Oberösterreichischer Volkskalender 1928

Wiener Ereignissen ist es wohl nicht zu verstehen, wie es noch immer Parteigenossen geben kann, die diese bürgerliche Presse, den größten Feind der Arbeiterschaft, halten und unterstützen können. Die Arbeiter– presse, die jederzeit die Interessen des Proletariats verficht, wird in Ober– österreich von den Parteigenossen und Genossinnen v i e 1 z u w e n i g b e acht et und unters t ü t z t. Solange eine bürgerliche Presse die Gehirne der Arbeiter zu verwirren vermag, so lange kann von einer gänz– lichen Loslösung von der bürgerlichen Ideologie nicht die Rede sein. Ferdinand Lass a 11 e bezeichnete schon vor fast 80 Jahren die bürgerliche Presse als das größte Gift fjir die A r b e i t e r s c h a f t. Leider wird auf diesem Gebiete noch sehr viel gesündigt. Hier muß gründliche Wandlung geschaffen werden; in das Haus des Arbeiters gehört nur die Arbeiterpresse! Prälat Sei p e 1 ist bei den Wahlen am Georgitag 1927 als „heiliger Ritter Georg" ausgezogen, um den „roten Drachen" zu töten - zernepft und zerzaust, mit durchlöchertem Schilde und verbogenem Schwerte ist er heimgekehrt. Zur Ueberwindung der Sozialdemokratie gründete _der römische Prälat die berühmte „Einheitsfront", mit welcher die Arbeiter– schaft überrannt werden sollte. Es war ein herrliches Gemisch, daß da in dieser „Einheitsliste" Unterkunft fand: Bankjuden und „reinrassige" Völ– kische, Los von Rom-Schreier und fromme Betbrüder! Sie alle ließen sich vor Seipels Karren spannen, um die „rote Gefahr" zu bannen. Der Indu– ·striellenverband und die diversen jüdischen und christlichen Banken füllten den christlichsozialen Wahlfond, und so konnte denn eine frischfröh– liche „Hatz" gegen die organisierte Arbeiterschaft inszeniert werden. Die E n t t ä u s c h u n g, welche die Arbeiterfeinde erleben mußten, war frei- 1ich eine sehr unangenehme. Nicht nur nicht umbringen konnten sie den roten Drachen, sondern dieser ging gestärkt aus dem Wahlkampfe hervor. Besonders das r o t e W i e n, das den reaktionären Herrschaften so sehr in dem Magen liegt, hat glänzend abgeschnitten; die Städte Linz und .Steyr nicht minder, worüber an anderer Stelle berichtet wird. Die S o z i a 1 d e m o k r a t e n haben bei den letzten Nationalrats– wahlen in allen Wahlkreisen Stimmen gewonnen. Wie beträchtlich dieser Stimmenzuwachs ist, das zeigt die folgende Tabelle, die sowohl die Stim– mengewinne in absoluten Zahlen, wie in Prozenten 'bringt. Die Tabelle gibt auch die sozialdemokratische Stimmenzahl nach den letzten offiziellen Zählungen an: Sozialdemo- Gewinn Zuwachs kratische gegen in S1immen 1927 1923 Prozenten Wien 694.099 122.635 12.15 Niederösterreich 30.7.036 34.045 12.47 Oberösterreich 141.498 19.309 15.81 Salzburg 39.249 8.241 26.81 Tirol 38.788 7.410 23.60 Vorarlberg 16.943 4.350 35.52 Steiermark 181.199 18.336 11.27 Kärnten 62.566 1.612 2.64 Burgenland 54.929 8.499 18.31 Ganz Oesterreich . 1,536.307 224.437 17.11 Die Sozi a 1 dem ok raten haben in ganz Oesterreich 1,536.307 Stimmen erhalten, das bedeutet einen Gewinn von 224.437 Stirn- 35 3*

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