Oberösterreichischer Volkskalender 1928

Eisenstadt und des Steyr- und Ennnstales hat dadurch neuerlich bewiesen, daß es un– seren jungen Freistaat vor allen Gefahren zu schützen entschlossen -ist und mit aHen ihm zu Gebote stehenden Mittel die Errun– genschaften der Revolution zu verteidigen wis-sen wird:. Schönauer Brücke, die seit dem Bahnbau in Verw,endung steht, entsprach nicht mehr den Anforderungen und mußte gegen eine neue, bedeutend stärkere und moderne Eisenkonstruktion ausgewechselt werden. Die alte Eisenkonstruktion hatte ein Gewicht von 75 Tonnen, während die neue Brücke ein solches von 175 Tonnen hat, daher ein Mehr von 100 Tonnen. Infolge der sehr· un- günstigen Lokalverhältnisse - die Häuser In schlichter, dafür aber umso w:ürdigerer reichen bis an dte Brücke heran - war es Weise beging am Republikfeiertag (12. No– nicht möglich, wie es sonst der Brauch bei vember 1926 1) derArbeitersängerbund „Stahl– solchen Brückenauswechslungen ist, daß auf klang" Steyr sein 45jähriges Gründungsfest. der einen Seite ein Gerüst für die Mon- Das F es t k o n z e r t, das der Verein aus tierung der neuen Konstruktion und auf der diesem An1asse im Kinosaale abgehalten hat, anderen Seite der bestehenden Brücke ein wies einen sehr guten Besuch auf, ein Be– Gerüst für die Demontierung der alten weis, daß man in Steyr das Wirken unserer Brücke hergestellt werden konnte. Es mußte Sangesgenossen im Dienste des Proletariats daher ein anderer Weg gesucht werden und zu würdigen weiß. Ueber der festlich ge– wurde ver,einbart, daß die neue Brücke am schmückten Bühne schwebte die Vereins– Bahnhofe in Steyr vollständig fertigmontiert fahne, der die wackeren Stahlklangler in wird. Bevor die Arbeit gemacht wurde, schlimmen und guten Zeiten mutig gefolgt begann man bereits Mitte Oktober 1926 mit sind. Der Obmann des Vereines, Gen. der Herstellung der sogenannten Versenk- F.l i t z 1h a ~ m e r, hielt eine -~urze, herz- . türme, die bei den Widerlagern errichtet liehe Begrußungs~nsprache, .. wahrer_id wel– wurden und den Zweck hatten die neue i eher er dankend Jenet' erwahnte, die schon Brücke auf die Widerlager 'abzusenken. seit Jahr~ehnten dem. Vereine treue Ge!olg– Montag, den 17. Jänner 1927, wurde die neue schaft leisteten, dabei auf de~ Chormeister Brücke von dem Montageplatz auf das in der Genossen F ~-e ~ u t h„ _venyeisend, d_urch Achse der Brücke lieg~mde Hauptgeleise ge- des~en unermudhch~ Tahgkeit _der Ve~em so schoben, welche Arbeit am Dienstag, den schone Erf~!ge erzielt~. ~agistratsdirektor 18. Jänner, 3 Uhr früh, beendet war. Mitt- Gen. Dr. Hauslmayr hielt die Festrede. wach, den 19. Jänner, wurde der Transport * der neuen Brücke auf einer eigens _herge– stellten Fahrbahn vorgenommen und über die alte Brücke auf den Versenktürmen ge– lagert. Hierauf wurde nach Abtragung des Oberbaues die alte Konstruktion mit Auto– genschneidbrennern zerschnitten, welche Arbeit Freitag abends beendet wurde. So– dann begann die schwierige Absenkung des neuen Tragwerkes und die endgültige Lage– rung auf den umgestalteten Widerlagern. Die Lieferung, Montage, die Quere- und Längs– verschiebung der neuen Brücke sowie auch das Zerlegen und Verladen des alten Trag– werkes wurde von der Brückenbauanstalt Wagner & Bi r o, A.-G., Wien, vorgenom– men, welche auch die Absenkung durch– führte. Die Umstellung der Widerlager be– sorgte die Baufirma: S c h r a t z & S o h n, Linz, unter Aufsicht der Streckenleitung Steyr. Die neue Brücke wurde Sonntag, den 23. Jänner 1927 nachmittags dem Vevkehr übergeben. Die Republikfeier am 12. November 1926 und die Feier des 1. Mai 1927 wurden in der Stadt Steyr, sowie von sämtlichen Lokal– organfaationen des Steyr- und Ennstaies auch im vergangenen Jahre wieder festlich be– gangen. Die V,eranstaltungen an beiden Festtagen wiesen einen noch nie dagewese– nen Massenbesuch auf. In Steyr veranstalte– ten die Kin derfreunde separat eine Republi:kfei.er. Das Proleta·riat der alten Anfangs April 1927 traten die Arbeiter der Gummifabrik Reithoffer in Garsten in den Streik. Seit Jahren hatte der Generaldirek– tor G o l d s c h m i e d in Wien mit den Ar– beitern der chemischen Industrie ein unwür– diges Spiel getrieben und ihre minimalen Forderungen brüsk abgewiesen. Die Ar– beiterschaft ließ sich vom Herrn General– direktor nicht mehr länger frotzeln und griff in ihrer berechtigten Notwehr zum äußersten gewerkschaftlichen Mittel: den Streik. Bei der Firma Reithoffer in Garsten war anfangs der Streik ein lückenloser, denn auch jene, die der christlichsozialen Auchgewerkschaft angeh'Örten, erklärten sich mit der übrigen um ein größeres Stück Brot kämpfenden Arbeiterschaft solidarisch. Doch nicht lange dauerte die Solidarität der Christlichen· sie liefen zur Direktion betteln, ob sie i'iicht schon, bevor die Verhandlungen abgeschlos– sen sind, das Arbeiten wieder anfangen könnten und schrien nach de-r G-endarmerie. Die Direktion gab den christlichen Seicherln einen verdienten Fußtritt, und so mußten sie sich gedulden, bis die ·gesamte Arbeiterschaft wieder in den Betrieb ging. Der Streik en– dete, Dank der Disziplin der Streikenden mit einem vollen Erfolg der freien Gewerk2 schaft. Die christlichsoziaLe Gesellschaft aber, die ihren kämpfenden Mitarbeitern in den Rücken fallen wollte, ist durch! ihren Verrat für immerwährende Zeiten gebrand– markt. Die Arbeiterschaft von Garsten 125

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