gestanden. Es hat schier ausgesehen, als ob er lebendig wäre. Der Sattel war aus Elfenbein, die Decke war golden, golden war auch der Zügel, und alles war mit Edelsteinen verziert. So prächtig ist der Zwergenkönig auf seinem Pferd, das nicht größer war als ein Reh, dahergeritten. ,,Meine Rosen, oh meine Rosen!" hat er gerufen. Ganz wild ist er geworden vor Schmerz und Zorn. ,,Oh, ihr plumpes Menschenvolk, statt mit Helden kämpft ihr mit Rosen! Was haben euch die lieblichen Blumen angetan, daß ihr sie so schändlich erschlagt? Ich verfluche euch und will meine Rache! Her zu mir! Jeder verliert die rechte Hand und den linken Fuß. Dann könnt ihr als Krüppel ins Tal hinken und an den Zäunen betteln. Das gebührt euch Frevlern!" Die jungen Burschen haben nur gelacht, aber Dietrich hat gemeint: ,,Ich fürchte, er haßt uns zu Recht! Aber ich bitte dich, Kleiner", hat er zum Zwergenkönig gesagt, ,,man pfändet edle Fürste nicht an Hand und Fuß. Wir bieten dir eine reiche Buße in Gold und Silber als Wiedergutmachung. Und im nächsten Mai wachsen deine Rosen wieder!" ,,Ich habe mehr Gold als ihr alle drei zusammen" , hat der Laurin höhnisch gelacht. ,,Mag sein, daß ihr schöne Fürsten seid! Aber was hab' ich euch angetan, daß ihr meine Garten verwüstet? Wenn ihr mich zum Kampf fordern wollt, dann hättet ihr das gleich sagen müssen. Das wäre fürstlich gewesen!" „Hört ihr, wie uns der Zwerg verhöhnt?" hat der Wittich geschimpft. ,,Am liebsten würde ich ihn bei den Füßen nehmen und gegen die Felswand schmeißen." ,,Sei still", hat Dietrich gemeint, ,,der kluge Mann tut oft, als ob er's nicht hört, und spart sich seinen Zorn bis zur Not!" ,,Dann darfst du in Zukunft keine Maus mehr erschrecken, wenn du den Zwerg dort fürchtest! " hat Wittich zurückgerufen. ,,Sein Roß ist nicht besser als eine Geiß. Tausende solcher Wichte würde ich besiegen!" ,,Wenn du gar so kühn bist", hat der Laurin gerufen, „dann komm her und kämpfe mit mir!" Da hat Wittich sein Roß fester gegurtet und ist auf Laurin losgeritten. Der hat ihm aber einen so wuchtigen Stoß gegen die Brust versetzt, daß der Recke kopfüber in den Klee gefallen ist. 38 Wolfhart ist es nicht besser ergangen. Dann ist Laurin abgesprungen und wollte ihnen mit seinem Schwert die rechte Hand und den linken Fuß abschlagen. ,,Nichts da!" hat da Dietrich gerufen. ,,Das sind meine Speerbrüder. Wenn du ihnen etwas antust, dann wäre das für mich, den Berner, auf ewig eine Schande!" ,,Bist du der Berner?" hat der Zwerg gerufen. ,,Dann bist du mir herzlich willkommen. Gib mir auch gleich Hand und Fuß her!" Da ist auch Dietrich wild geworden. Es ist auf Falka, seinen Hengst, gesprungen, und Hildebrand hat ihm noch zugeschrien : ,,Vergiß meinen Rat nicht: Vertrau nicht auf deine Kraft, und auch nicht auf dein Schwert! Schau, daß du ihm den Ring, den Gürtel und die Nebelkappe entreißt, sonst kannst du ihn nicht besiegen!" Aber Dietrich ist in blinder Wut auf den Zwergenkönig losgegangen. Gewaltige Hiebe hat er ausgeteilt. Die Schläge haben Laurin mit furchbarer Wucht getroffen, aber sie sind trotzdem an seiner Rüstung machtlos abgeprallt. Bald hat Dietrich aus mehreren Wunden geblutet. ,,Vergiß meinen Rat nicht!" hat ihm Meister Hildebrand noch einmal zugerufen. Jetzt hat sich Dietrich ganz und gar auf seinen Gegner geworfen, und nach wildem Kampf hat er ihm schließlich den Gürtel und den Ring entrissen. Der Zwerg hat kläglich darüber gejammert. Dann hat er rasch die Nebelkappe herausgezogen und sich ganz und gar damit verhüllt. Blitzschnell ist er hierhin und dorthin gesprungen. Für Dietrich war er jetzt nicht mehr zu sehen. Der hat nur blind in die Luft schlagen können , während der Zwerg ihn ein ums andere Mal getroffen hat. Schließlich hat Dietrich seine Waffe aus der Hand geworfen und hat versucht, den kleinen Zwerg durch schnelle Sprünge zu erwischen. Plötzlich hat er ihn wirk.lieh in die Hand bekommen. Er hat ihm die Nebelkappe heruntergerissen. Jetzt ist der Zwergenkönig wehrlos vor ihm gestanden. ,,Du elender Wicht!" hat er ihn angeschrien, und er wollte ihn auch gleich umbringen. ,,Herr Dietleib, helft mir!" hat der Zwerg in höchster Not gefleht. ,,Beim Leben Eurer Schwester Kühn-
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