Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1995

Echt starke Worte Von Helga Fiala Ähnlich wie bei der Mode wechselt auch im sprachlichen Bereich der Geschmack. Modewörter hat es zu allen Zeiten gegeben: sie sind plötzlich da, verschwinden wieder und werden durch andere abgelöst. Die Initiatoren bl eiben anonym wie die Dichter von Volksliedern oder die Erfinder von Witzen. War es ein Fernsehstar, der das Wort „Spitze" kreierte, so ist uns der Erfinder von „super" schon nicht mehr geläufig. Super ist einfach da, so wie okay. Unaufhaltsam setzt sich das Wort „echt" für wirklich oder tatsächlich durch. Es fehlt uns „echt" irgendetwas Wichtiges, man interessiert sich echt für eine Ware, der Einbruch konnte echt verhindert werden. Sagen Sie nicht, diese Behauptungen se ien echt falsch. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Wort „genau" für „ja" zunehmend eingebürgert. Es ist uns schon so selbstverständlich geworden, daß wir gar nicht bemerken, daß bei älteren Bühnenwerken bei Neuinszenierungen in den Dialogen das ursprüngliche „ja" durch „genau" ersetzt worden ist. Es stellt sich die Frage, warum Brautleute ob der Bedeutung und des scheinbar größeren Gewichtes dieses Modewortes anstelle des Ja-Wortes nicht ein Genau-Wort vor dem Standesbeamten sprechen. Nicht nur in der „Lindenstraße" wird das Wort „geil" verwendet, unsere Jugend findet auch noch sehr vieles andere „voll gut". Hoch im Kurs steht das Wort „spektakulär". Es wird für nahezu alle Bereiche v_erwendet: ein spektakulärer Mord, eine spektakuläre Operation, ein spektakulärer Schlußverkauf und ein spektakuläres Kunstwerk. Das Tor, das ein Fußballer erzielt, ist ebenso spektakulär, wie der Sturz eines Motorradfahrers. Seit einiger Zeit wird das Wort „integrieren" immer moderner. Einstens war dieses Wort der Mathematik vorbehalten und es hieß ein Integral berechnen oder einfach integrieren. Heute integriert sich jeder zweite in irgendwas: in die Gruppe, in die Gesellschaft, in die Wirtschaft, in die Kultur. ,,Ich muß mich in die Gemeinschaft integrieren, damit ich mich vor der Öffentlichkeit „artikulieren" kann und so mei n „Selbstverständnis" zum Tragen kommt und ich nicht „frustriert" bin." Wir merken schon gar nicht mehr; wenn es so richtig boomt in der city und wir ct'urch hobby, lobby und party in stress kommen , so daß unser job, unser image oder gar unser feeling echt spektakulär ins Schleudern gerät. Eitle Welt Den letzten Platz Macht dir niemand Streitig. Bleib! Es könnte noch Ein Vornehmerer Kommen. Hilf dir selbst, Du bist dir Am nächsten. von Hannes Schmidhuber Gott Ist dort, Wo di e Not Am größten. Glück ist etwas , Das neidi sch macht, Aber Neid Kennt kein Glück, Nur die Welt, Die eitle, Träumt davon. 35

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