Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1994

Aus Liebe Aus Liebe, sagt er, hat er sie genommen. Sie putzte sich sein Äußres auf, Fassaden haben sich gefunden zu einem schmucken Bau. Sie achten aufeinander sehr, gemeinsam war ihr ganzes Streben, Fassaden waren nötig sehr. Die Zeit ließ ihre Spuren - an Fassaden nagt das Leben, es wurde immer nachgeputzt . Das Haus besteht nicht nur aus Anblick, das Innere, ist wohl der Wert! Die Räume zu gestalten, ist unsres Herzens größter Wunsch. Gemütlich soll die Liebe wohnen, in seinem Inn'ren brennt der Herd - die Liebe soll im Ofen brennen, im Zentrum liegt der große Wert. Fassaden soll man schön gestalten, der Wert jedoch, er liegt im Zentrum, wo Liebe jenes Feuer gibt - an dem sich Glück kann wärmen! Die Erlebnisse eines 100-Schilling-Scheines Ein Märchen von Hermann Bauer Hergestellt wurde ich in einer großen Druckerei. Walzen, auf denen Farbe klebte, rollten über mein Papier. Durch eine Spezialbehandlung bekam ich noch ein Wasserzeichen und einen Silberstreifen. So wurde ich neben tausenden von anderen 100-SchillingScheinenamgleichenTagwie sie geboren. Dann ging die große Reise los. Wir wurden gebündelt zu einer Bank gebracht. Dort lagen wir dicht gedrängt im Kassenraum. Wir rochen alle gleich intensiv nach frischer Farbe. Auchhattenwir nochkeine Eselsohren . Nicht mal geknickt oder gefaltet war unser schönes, neues Papier. Bis zu diesem Zeitpunkt war unser Leben gleich. Das sollte sich aber bald ändern ... Ich wartete schon mehrere Wochen und hoffte, bald den Kassenraum verlassen zu können. Bei jedem Bankkunden, der an der Kasse stand, pochte mein Herz heftig. Viele Kunden gaben aber nur Schecks ab und diejenigen , die Geld von ihrem Konto abhoben, bevorzugten teilweise größere Scheine. Doch endlich war es soweit . .. Eine ältere Frau ließ sich ihre Rente in 100-, 200- und 500-Schilling-Scheinen auszahlen. Diese Frau war sehr arm. Sie trug mich lange in ihrer Handtasche herum. Mal stand sie am Obststand, dannwieder an einer Wurst- und Käsetheke an. Die Preise waren ihr aber meistens zu hoch, so daß sie mich wieder heim zu ihrer Wohnung trug. Weihnachten stand vor der Tür. Sie wollte ihremEnkel, dem kleinenOliver eine Freude machen. Sie steckte mich in einen Briefumschlag und übergab ihm das Kuvert am 24. Dezember. Oliver freute sich sehr über das Geschenk der Oma und faltete mich zweimal zu43

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