Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1994

UNTE RHALTU-N G ' 1 Wo alle Straßen enden Gorges, Bienenkorb-Gebirge und Aborigines in Westaustralien Von Prof. Franz Braumann Immer schon hatte es mich hingezogen zu Landschaften ohne Straßen - dorthin, wo noch die Leere, die Stille und das Niegeschaute lebte. Dort, wo noch die letzten Wildnisse der Erde dem vor Staunen gebannten Besucher als nicht leicht erworbenes, überwältigendes Geschenk zufallen. Von Perth, der Hauptstadt des Bundesstaates Westaustralien - mit seinen 2,5 Millionen km2 der größte Bundesstaat dieses Erdteils, aber mit 1,100.000 Einwohnern der am dünnsten besiedelte - flog ich 1. 900 kmweit nach Norden, mitten in den australischen Frühling hinein. Jetzt im September ,,blühte" sogar die Wüste! Es zog mich nicht die ungeheure Gibson-Wüste des Inneren Australiens an, die nur aus endlosen Sanddünen besteht, sondern die Pilbara-Berge, eine Plateau-Landschaft aus einem verwitterten Urgebirge, mit seinen 500.000 km2 so ungeheuer ausgedehnt wie ganz Frankreich, mit einer zehn Monate im Jahr dürren Trockenvegetation. Aber ihr Wunder und Geheimnis waren die 200 m tiefen Schluchten, die „Gorges", in der kurzen Regenzeit von donnernden, braunen Wasserfluten durchtost, das ganze übrige Jahr jedochmit üppigem Strauch- und Baumgrün bestanden , mit reinen, bis auf den Grund duchsichtigen Oasen aus den letzten Wassergerinnen gesegnet , die geradezu zu schönstem Badeglück einluden. Unser Vier starteten wir mit einem starkenLandroover. Als die letzte Straßenspur zu Ende war, rollte er wendig zwischen Eukalyptussträuchern und hohen Polstern aus stachligem Spinifex weiter. Erst als unvermittelt ein tiefer Landeinbruch die wilde Fahrt stoppte, standen wir vor der Schlucht 3 des Rod-Gorge - an dieser Stelle bis zu seinem Grund hinab unerreichbar. Die Wände leuchteten tiefrot mit ihren eisenhaltigen Urkalken. 200 Meter unter uns ein sanftes Wassergerinne. Um uns blühte die lila Kerzen der Mulla-Mulla. Der zweite und dritte Gorge öffnete uns seine Tiefen.Manchmal an steilem Abbruch entlang, dann wieder durch eine trockene, fast senkrechte Klamm, so eng, daß wir die Arme an denKörper pressen mußten, standen wir vor dem tiefdunklen, warmen Wassertümpel. Augenblicke später schwammen wir im warmen Wasser des HamerslyPools. Die untergehende Sonne warf mit ihrem Schein noch die tiefrot funkelnde Felswand über der Schlucht auf den Spiegel des Pools, daß die jauchzenden Schwimmer wie durch leicht bewegte Wellen aus flüssigem Gold schwammen. · Als nach Sonnenuntergang der Gorge rasch in Dunkel sank, flammte oben neben den Zelten das Lagerfeuer auf, und das Abendessen bruzzelte in der Pfanne über der Glut . Die weißen Stämme der „Gost-trees", Geisterbäume, schimmerten matt in der mondlosen, lauen Zeltnacht .. . So streuntenwir drei Tage lang durch die Hamersly-Berge. In einem standen die weißen Förderbauten eines AsbestBergwerks schon zehn Jahre still, seit der Abbau der riesigen Lagerstätten wegen der Krebsgefährdung eingestellt worden war. Nur die gewaltigen Abraumhalden erinnern, vom Regen zerfurcht, an die hohe Zeit des Giftmetalls. Längst kümmerte ich mich nicht mehr um die Orientierung in dieser unbewohnten Weite. Alle die immer in ihrer Gestalt wechselnden Gorges zu 33

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