ert. Ich sehe ein Dutzend Hände, die sich emporstrecken. Dann spüre ich starke Hände unter mir, sehe Gesichter von jungen und älteren Männern, freundliche und besorgte Gesichter. Ich schlage die Augen auf, sehe Männer und Frauen in weißen Kitteln um mich stehen. Ich liege in einemweißen Bett in einem Zimmer, in dem noch mehr weiße Betten stehen. Ich muß doch geschlafen haben, denke ich. MeinMund ist trocken, ich habe Durst. .,Wasser", sage ich. Die Schwester neben mir schüttelt den Kopf und lächelt. „Dopo", sagt sie. Ein älterer Arzt beugt sich zu mir und sagt: ,,Alles sehr gut - Operation fünf Stunden". Ich bin lange in Narkose gelegen . .,Dopo?" frage ich, ,,was ist dopo?" - ,,Das heißt später", sagt der Arzt, .,später darfst du trinken." Später, denke ich, später gehe ich wieder hinauf zu den Zinnen. Tre Cime di Lavaredo, ich liebe den Klang dieser Sprache. Ich liebe den Fels und die Freiheit, ich liebe den Schnee und die Sonne, ich liebe den Tanz über dem Abgrund. Das Zimmer ist hell und warm. Die Sonne scheint durch die Fenster und trägt meine Seele hinaus. Ich rieche das Land , rieche die Erde, den Fels und die Bäume. Ich lebe. Fremde im Bauernland von Hannes Schmidhuber Die Fremden kommen Ins Ackerland Der klaffenden Wunden, Die laue Väter Und geschäftige Söhne Der Scholle zufügen . Die Heimatliebe Sät nicht mehr, Sie schnürt die Bündel Und verläßt mit Schnittern Fruchtbaren Boden Verwurzelter Ahnen . Sensenklang verhallt Im frischen Winde. Über den letzten Ährenbüscheln Unreifen Korns Glücklicher Tage. Niedergewälzt Von endlosen Straßen, Martert die Dörfer Lautes Gedröhn. Neben wuchernden Disteln Verschacherter Gründe Entartet die Erde. Die berühmten Nordwände der Drei Zinnen in Südtirol. Die Nordost-Kante (Demutkante) derWestlichen Zinne ( im Bild rechts) ist Schauplatz unserer Geschichte „Der Sturz". Foto: Schmidhuber 42
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