sich die Landschaft seiner kummer– vollen Vorstellungen - er begann zu träumen. An dem Abend, der auf diesen Tag folgte, schritt der alte Bauer von Buch– berg träumend den Berg hinan und durch den schwarzdämmer igen Wald drüben hinab. Sein Herz füllte sich mit jedem Schritt neu mit Hoffnung. Am Morgen noch hatte er zu sich selber ge– sprochen : ,,Die Brautschau ist aus und vorbei!" Nun leuchtete ihm ein neues Licht voran: Die Brautschau beginnt erst jetzt! Er fand den Weg zum Hause der Jogglbäuerin auch im Dunkel. Licht schimmerte durch die ver– hängten Fenster der Stube. Er klopfte an das Fenster. Drinnen schob jemand den Vorhang weg. Die Frau erkannte den späten Besucher sogleich. ,,Was bringst du heute wieder für eine Liste mit?" fragte sie mit heimlichem Lä– cheln an der Tür. Die Töchter und ihr Sohn, die schläf– rig am Tisch saßen,. zwinkerten der Mutter zu . Sie wollten sie mit diesem sonderbar anhänglichen Bäuerlein von' jenseits des Buchbergs allein las– sen. Was die Mutter tat oder beschloß, war immer noch gut gewesen. „Gute Nacht, Kinder!" nickte sie den jungen Leuten zu und breitete ein Tischtuch über die eichene Tisch– platte. Dominik kehrte zu ihrer letzten Fra– ge zurück: ,,Eine Liste, meinst du, Ma– rianne - darauf müßte diesmals nur ein Name stehen!" Sie ließ es leicht errötend zu, daß er sie wieder, wie einst bei ihrem Namen ansprach. ,,Und welcher Name wäre das?" ,,Der deine allein! " Sie schüttelte lächelnd den Kopf. ,,Was du daherredest, Dominik! " Heute ließ sich der späte Gast nicht verwirren. ,,Deine Kinder sind erwach– sen, Marianne. Wann wird dein Sohn selber Bauer auf dem Jogglgut?" - Sie schaute erstaunt auf ihn. Ihr Ge– sicht erschien ihm glatt und voll schö– nem Gleichmaß. Die graue Strähne im Haar sah er kaum, ,,Meinst du, ich will so bald schon ein altes Ausgedingweib– lein werden?" Jetzt strahlte auch Dominik lautere Freude aus allen seinen hundert Fält– chen im Gesicht. ,,Genau so wollte ich dich reden hören, Marianne! Du hast dich in meiner Frage selber gefangen." Da stieg der Frau eine Ahnung her– auf, die ihr leise Unruhe brachte. Sie fand in Dominik wieder Züge, die sich durch ihrLeben, schon längst ohneVor– wurf und Gram, mitgetragen hatte. „Willst du mich in meinem eigenen Haus mit deiner Frage fangen?" wich sie dem erahnten Sinn seiner Worte aus. Dominik schaute nun offen auf sie und blinzelte ein wenig in dem blanken Licht, jenseits dessen sie saß. ,,Du weißt es schon längst, Marian– ne, was mich heute zu dir getrieben hat: Daß ich ein Versäumnis für dich und mich gutmachen möchte." Die Frau fiel ihm nicht ins Wort. Aber ihre Gedanken hatten seine langsame Rede bereits überflügelt. Sie wartete geduldig. Sofuhrerfort: ,,KommaufdenBuch– berg als meine Frau und Bäuerin! Es ist spät, aber keine Tür ist noch zuge– fallen!" Seine Hände zitterten ein wenig, als er nun schwieg. Er hatte auf seiner heimlichen Brautschau in viele Ge– sichter geblickt - nun verblaßten alle vor der einenFrau, die er schon einmal geliebt hatte. Sie schüttelte langsam den Kopf. ,,Bin ich also die Letzte auf deiner lan-. gen Brautschau, Dominik?" Er erblaßte vor Betroffenheit. ,,Das weißt auch du, Marianne? - Diese Brautschau galt Peter, meinem Knecht. Aber er will mich jetzt verlas– sen - dieBrautschaufürihnistausund vorbei!" JetztwaresanderFrau, sichzuwun– dern. ,,Warum hast du die Brautschau nicht Peter überlassen?" Dominik schmunzelte verlegen. „Wie soll ich dir's erklären-. Es sollte eine Bäuerin auf den Adamhof kom– men, die auch . .. " ,, ... die auch dem alten Dominik ge– fiel - wolltest du sagen!" Sie beugte sich über eine Stopfarbeit, die sie be– gonnen hatte. 47
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