Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1990

Es polterte im Vorhaus. Die Eintre– tenden blickten fragend auf den Gast. DieFraulächelte schonwieder. ,,Meine Kinder Hans, Marianne und Monika." Sie blickten auf ihn. ,,Jetzt spür' ich wieder, wie altich schonbin: Das ist ein Gast aus weitferner Jugend!" Er erhob sich. ,,Ich hab dich lange aufgehalten, Marianne!" Sie ging mit ihm bis zur Haustür. ,,Du ]?ist ja_auch lang ausgeblieben, Domi– nik!" Sie zwinkerte ihm ein wenig schalkhaft zu . ,,So weit kann keiner mehr zurück– laufen und die Zeit einholen!" Der starke Most wirkte in der freien Luft nach. Er spürte, wie er ein wenig schwankte. Die Brautschau - die Brautschau - führte sie ihn wieder zu– rück in die versunkene Landschaft eines eigenenLebens? Da tappte er da– hin auf heimlichen Pfaden und trat un– versehens auf sein eigenes Herz! Trau– rige Bitterkeit stieg herauf . . . . Er kam erst spät in der Nacht nach Hause. Anden folgenden Tagen verließ Dominik seinen Hof auf dem Buchberg nicht. Auf einmal erschien ihm sein ganzes Unternehmen unsinnig und lä– cherlich. Von acht, zehn Bauerntöch– tern sollte er jetzt die beste für Peter auswählen. Was würde Peter sagen? Stimmte die Auserwählte auch zu? Was ihn aber erst recht aus der Fas– sung brachte, das war die tiefe Verwir– rung seiner eigenen Gefühle. Was hatte er doch sein Leben lang für Vorstellun– gen von der Welt um ihn herumgetra– gen? Daß jeder von Montag bis Sams– tag fleißig schaffte, den Tag des Herrn mit Kirchgang und Wirtshaussitzen feierte und montags wieder zahm in das Arbeitsgeschirr schlaff. Aber was es dann noc-h gab, Liebe und Leid, Wunsch und Begier - darauf kam Do– minik erst jetzt wieder. Zuweilen betrachtete er Peter, sei– nen jungen Knecht, wenn er sich unbe– obachtet fühlte. Er hatte ihn vor langer Zeitmit vierzehn Jahren von der Schul– bankweg auf denAdamhof genommen, als PetersVater bei derWaldarbeit ver– unglückt war. Jetztlebte er fast wie ein Sohn im Hause. In den letzten Wochen schien er wortkarger und scheuer ge– worden zu sein. Er war oft an Abenden 46 und Sonntagen fort. Und eines Tages sagte der Nachbar Gregi zu Dominik: ,,Beeile dich mit der Braut für Peter - es geht die Rede um, daß er sich eine Stelle bei den Holzarbeitern oder im Straßenbau sucht!" Dominik fiel wie aus den -Wolken. Dann wären seine hundert Gänge um die rechte Bäuerin zu finden, vergeb– lich gewesen! ,,DaskannmirderPeternichtantun! Ich red mit ihm!" „So einfach ist das nicht! Du weißt ja nicht einmal eine bestimmte Braut für ihn. Wähle sie endlich aus!" drängte der Gregi. Dominik konnte ein paar Nächte nicht schlafen. Immer wieder holte er alle jene, die er auf der Liste angerin– gelt hatte, in seiner erinnernden Vor– stellung herauf. Sie blickten ihn an, lä– chelnd, heiter, traurig - zur letzten Wahl konnte er sich nicht aufraffen. Ja - hätte Dominik für sich selber wählen dürfen! --=- Für sich selber! Er erschrak bei diesem Gedanken. Daran hatte er überhaupt nicht gedacht - eine Bäue– rin und Frau für ihn, Dominik! Er zwang sich zu einem Lachen - es wur– de nur ein Krächzen. Nein, vergiß das, Narr, der du bist, haha, alter Narr! Am nächsten Morgen stand unver– mittelt Barbara, seine alte Schwester, nach der Morgensuppe vor ihm. ,,Heute ist Freitag. AmMontag über– siedle ich ins Altersheim!" erklärte sie ihm streng. ,,Und was soll ich tun?" fragte er fas– sungslos. ,;vier Wochen hättest du Zeit gehabt, eine Haushälterin zu suchen. Dafür hast du die Zeit mit deiner Versiche– rung vertan. Was hat dir das Kassieren von Haus zu Haus eingetragen? Nichts! Nichts!" Dominik tappte wie vernichtet aus der Stube. Noch auf dem Gang auf das Feld hinaus verfolgte ihn das schrille: „Nichts! Nichts!" der Barbara. Wer steht dann am Herd, wer schafft im Haus? Und wenn ihn auch Peter ver– ließ: Sein schöner Hof - verloren, o verloren! Dominik ging an diesem Tag herum wie einer, vor dem alle Türen zugefal– len waren. Allmählich aber verschob

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