Die /,eimlic/,e Brauflc/,111 Eine Heimaterzählung von Franz Braumann Der Winter war heuer spät im März noch einmal mit seiner Schneefahne über das hügelige Land hingezogen. Die Obstbäume des schmucken Bau– erngehöftes auf dem Buchberg hielten ihre knospengeschwellten Äste vor Staunenund Schreck starrin den schon wieder wolkenflatternd aufklarenden Himmel. Dominik Bayer, der alte Bauer auf dem Adamgut unterm Buchberg, trat jetzt feiertäglich gekleidet aus dem Haus. Der „Adam", wie ihn die Nach– barn nannten, war ein schlankes, schmächtiges Männchen, der gar nicht aussah wie die andern gesetzten Bauern seines Alters. Heute war sein sonst stets heiteres Gesicht von dem Ausdruck ehrlichen Kummers erfüllt. Als er hinter sich eine etwas schrille Frauenstimme hörte, schritt er rasch auf die Straße hinaus. Er wandte sich auchnichtmehrumnachderRufenden hinter ihm, die ihm „Dominik, Domi– nik!" beschwörend nachrief. „Ach, sei doch still! Was bist du für eine Schwester, Barbara! Mich jetzt verlassen, wo ich selber alt und wack– lig geworden bin!" brummte der ,,Adam" in seinen spärlichen Bart. Unten, woderBuchbergflachauslief und schon das Kirchdorf Ninning zu se– hen war, hörte sich der Bauer von einer Wegkreuzung her angerufen. ,,He, Adam, warte, renn' nicht so!" Dominik erkannte gleich die Stimme des Nachbarn. Der überlange, etwas vorgeneigte Gregor, den jeder den ,,Gregi" nannte, schwenkte seine lan– gen Arme und hatte bald den warten– den eingeholt. ,,Was hast du heut, Adam? Zum Viehmarkt-Auftrieb kom– men wir noch bald genug!" keuchte er heran. Denn morgen war März-Vieh– markt in Ninning, und die beiden Alten hatten das gleiche Ziel. ,,Ach, der Viehauftrieb!" stöhnte Do– minik und fuhr mit der Hand durch die Luft. ,,Mir läßt etwas Anderes keine Ruhe mehr!" Der Nachbar blickte teilnehmend und doch mit einem heimlichen Spott auf den Freund. ,,Deine Sorgenmöchte ich haben! Ein gutgestellter Bauer, dem die Schwester den Haushalt macht und dem sogar ein junger Knecht alle schwere Arbeit tut!" „Das ist jetzt aus und vorbei. Ich seh mich nicht mehr hinaus, was noch wer– den soll. In einer Woche steh' ich al– lein!" klagte Dominik weinerlich. „Ho, ho ! Das mußt du mir aber jetzt genauer sagen!" entgegnete der lange Nachbar ungläubig. Die Freunde hatten an der Straßen– gabelung zum Dorfeingang den Obe– ren Dorfwirt erreicht. Gregi griff sei– nem schmächtigen Freund unter den Arm und lenkte ihn sachte, aber unwi– derstehlich gegen das einladend offene Gasthaus zu. ,,Schütt nur deinHerz aus - einen Ausweg gibt es· jedesmal noch!" tröstete er. Die Anteilnahme tat Dominik wohl. Die Gaststube war noch halb leer. Sie fanden einen gut abgeschirmten Tisch in der Ecke. Dominik seufzte tief auf und fing an: ,,Wie es bei mir auf demAdamgut steht, weißt du ja. Vater und Mutter sind vor bald vierzig Jahren früh weggestor– ben, und wir drei Geschwister, Nani, Barbara und ich, mußten allein den Hof weiterführen. Ich sollte gleich Bauer werden und hatte mich halb und halb nach einer jungen Bäuerin für mich umgesehen. Aber die Schwestern haben gejammert: 'Laß dir mit dem Heiraten noch ein paar Jahre Zeit! Du bist nochviel zu jung, daß du die Richti– ge findest .Wir drei bleibenbeisammen und führen die Wirtschaft im Haus. Du wirst uns arme Schwestern doch nicht jetzt schon aus dem Elternhaus treiben!'" Dominik schwieg. Er mußte sich kürzer fassen, damit er zur Ursache seines Kummers kam. ,,Wir haben uns mit der Zeit zusammengewöhnt, und meine einstige Liebschaft wollte nicht mehr länger auf mich warten - die hat 43
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2