Der Kröll stellt den Tannenbaum auf den Tisch hin und dann stecken sie miteinander die Kerzen auf, die der Kröll mitgebracht hat, rote, weiße und grüne, in den Farben Italiens also, damit der Carlotti den guten Willen sieht. Nun packt der Kröll den Korb aus. Der Carlotti bringt zwei Gläser und dann stossen sie miteinander an, der Karabinieri-Korporal Battista Carlotti aus Altamura in Calabrien und der Bürgermeister Peter Kröll aus Wilenbach bei Brunneck, Provinz Bozen. Beim dritten Glas zieht der Carlotti die Stirne in Falten. ,,Hab auch etwas für dich, Bürgermeister," sagt er und steigt in den Keller hinunter. „Was wird er mir bringen?' ' denkt der Kröll, ,,vermutlich einen Wein, besser als der war, den ich mitgebracht habe." Da kracht plötzlich hinten im Hofe ein Schuß. Erschrickt da der Kröll - ein Schuß in der Heiligen Nacht! Wie soll er das verstehen? Doch da steht schon der Carlotti in der Türe, das Gewehr, das gewisse, daß er mit diesem Schuß entladen hat, in den Händen. ,;via, via!" sagt er hastig und drückt dem Kröll das Gewehr in die Hand, „weg damit, weg. Ich weiß nichts davon!" und dann: ,,es ist für Weihnacht!" Beleidigung Das alte Fräulein hatte den Straßenbahnschaffner wegen Beleidigung verklagt. "Ich habe sie nicht beleidigt'~ versicherte der Straßenbahnschaffner immer wieder. "Doch'~ beharrte das alte Fräulein. "Ich habe ihm gesagt, er solle mir sagen, wann die Haitestelle ,Altes Museum' komme, und als die kam, rief der Schaffner mir laut zu: "He, Sie, Altes Museum, aussteigen!" Monika Lind: Erinnerungen aus der Kindheit Hoffentlich kein Nachruf Es gibt da eine kleine Dampfeisenbahn auf schmaler Spur. · Sie fährt durch eine liebliche Gegend, vorbei an hübschen Häusern_, kleinen Dörfern und einem Fluß, der oft grün ist wie die Wiesen an seinen Ufern, manchmal blau wie der Himmel und dann wieder graubraun und düster wie die Felsen, durch sie er sich seinenWeg gebrochen hat. Sie fährt und fährt, unermüdlich, hin und zurück. Seit neunzig Jahren . Alle Freunde der kleinen Eisenbahn haben sie sicher schon erkannt! Es ist unsere gute, alte Steyrtalbahn. Für uns Ältere ist sie eine Jugenderinnerung. Ich sehe noch die Tafeln an den Eisenbahnwagen vor mir : ,,Garsten - Klaus" und „Pergern - Bad Hall". Wo sind die Zeiten, als wir mit Rucksäcken, Vater, Mutter, Kindern, Tanten und Freunden, die schon damals klapprigen Wagen bestiegen haben, die zur Wonne der Kinder offene Plattformen hatten. Von denen aus konnten wir den Radfahrern, Pferdewagen und.Bauern auf den Feldern zuwinken. Wie oft mußte uns die Mutter ein Rußkörnchen aus den Augen wischen . Gerne fuhren wir bis Frauenstein, gingen hinunter zum Fluß und hinauf zum Kirchlein mit der Schutzengelmadonna, die der berühmte Schnitzer aus Würzburg, Tilman Riemenschneider, geschnitzt hat und die auf wunderlichenWegen in diese kleine, abgelegene Kirche kam. Manchmal ging es auch nach Bad Hall. Diese Fahrten schätzten wir Kinder nicht besonders . Da wurden wir „schön" angezogen und durften uns nicht schmutzig machen, was bei dem Ruß nicht ganz einfach war. In' Bad Hall wurde „Besuch gemacht", auch nicht sehr lustig für Kinder. Nur die 41
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