Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1988

stürzte der Himmel ein. Mit einem Schlag goß der Regen herab - ein einziger Wolkenbruch war es! Hans wollte den ärgsten Guß abwarten. Er sah im Schein der aufeinander folgenden Blitze, wie sich die Waldstraße in einen Wildbach verwandelte. Unaufhörlich schüttete das Wasser herab. Es verging eine halbe Stunde, und die Flutenwogten gelb von denWiesengräbern in den Wald herein. Da hallt mitten durch das Wassertosen das angstvolle läuten der Hausglocke vom Hof des Vater herab! Ist Feuer ausgebrochen? Hans springt hinaus in das Regenströmen und rennt die Anhöhe hinan. Um seine Füße klatschte die gelbe, reißende Flut. Daheim trifft er die Mutter, wie sie zitternd am Glockenstrang zieht . ,,Wo bleibst du so lang?" stöhnte sie. „Der Vater ist mit dem alten Knecht oben imWaldgraben - der hat sichmit entwurzelten Bäumen verlegt - das Wasser steigt in der Schlucht - wenn es überschwillt und herab über die Felder kommt - schwemmt es die ganze Erde von den Feldern fort - dann ist alles aus! Einen Augenblick steht Hans starr. Er weiß nicht, wie ihm plötzlich geschieht. Wenn die Erde fort ist, was bleibt dann noch? Er rennt aus dem Hause. Einmal stürzt er. SeineHände fassen in die nasse dunkle Ackererde. Oben im Waldgraben wirft eine Sturmlampe düsteren Schein über die brodelnde Flut. Unterhalb der Wirrnis, hinter der sich die Wasser stauen, arbeitet sein Vater, um zwischen die Wurzeln und Äste einen Abfluß zu hauen. Hans springt in die Senke hinab. Der Bauer wirft einen kurzen Blick auf den Sohn, dann arbeiten sie beide mit äußerster Anstrengung. Jäh schreit der Knecht von der Höhe der Schlucht herab. ,,Fort, Bauer, das Wasser drückt durch!" Hans faßt den Vater am Arm. ,,Komm!" Da splittert ein quergelagerter Fichtenstamm. Ein dickerWasserstrahl ergießt sich über die Männer. Erziehung Ein guterzogener junger Mann war in einem Kloster zu Gast. Als er im Refektorium bewirtet worden war, fragte er einen Pq,ter, ob es gestattet sei, hier zu rauchen. Der Pater verneinte. ,, Verzeihung", sagt der junge Mann, ,,daß ich fragte. Selbstverständlich verzichte ich auf das Rauchen. Was mich allerdings wundert, ist, daß hier ein Aschenbecher mit Stummeln steht." ,,Diese Stummel", sagte der Pater lächelnd, ,,stammen von Leuten, die nicht Ihre gute Erziehung haben und nicht fragten ." Sie fühlen den Boden unter sich weggleiten . Hans umschlingt mit einem Arm den absinkenden Körper des Vaters und klammert sich mit dem andern an junges Gesträuch ... Mit schwerer Mühe retteten Hans und der Knecht den Bauer aus dem Graben. Dann lehnte er an einer Tanne und blickte in die tosende Dunkelheit. Ein Gedanke nur war bei ihm: Hans - der Sohn - fand er nun heim? Über der regenverhangenen Landschaft stieg ein neuer Morgen herauf. Hans schwemmte die Sense nach der Frühmad für die Rinder im Stall am rinnenden Brunnen aus. Erfühlte, daß der Vater neben ihm stand. Dieser trat neben ihn. ,,Hans, wenn du jetzt noch ein Bauer sein magst, will ich dir heute noch das Gut übergeben!" In diesem Augenblick verstanden sich beide - der alte und der junge Bauer. Später schaffte Hans aus einer Wiesenmulde das abgeschwemmte Erdreich herauf. Wenn er rastete und sich den Schweiß von der Stirne strich, grüßte das alte Haus herab wie eine gelassene, stolze Verheißung. Zwischen den locker dahintreibendenWolken fiel ein erster Sonnenstrahl warm auf ihn herab. Da fühlte Hans, der junge Bauer, mit einem tiefen Aufatmen, daß er endlich heimgekehrt war . .. 39

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