Am Morgen saß der Schmied zermartert vor Schmerz stumm vor dem offenen Herdfeuer. Peter tat wortlos alle Arbeit. Als der erste Tagesschimmer um die Hütte huschte, war alles zum Abtrieb in das Tal bereit. Der Schmied hob den Kopf: ,,Peter, nun mußt wohl du die Stiere führen!" Peter, der junge Berghirt, fühlte plötzlich die Härte und Gefahr dieses Auftrag_es. Sein heimlicher, schadenfroher Ubermut fiel ab, als er unter die wartenden Tiere trat. Er lockte den Leitstier heran: ,,Komm, Muler, komm!" und spürte, wie seine Stimme plötzlich heiser geworden war. Langsam formte sich der lange Zug hinter der vertrauten Stimme des Hirten. Peter wandte sich dem steilen Bergpfad zu. Zwei Schritte hinter ihm trottete der große Leitstier mit dem zerfetzten Almkranz auf dem breiten Gehörn. Hinter dem letzten Rind machte der verletzte Schmied den Abschluß. Tritt umTritttappte die große Herde längst der Wildwasserschlucht hinab. Wollte einRind verweilen, lockte es der junge Hirt, und es gehorchte bald wieder willig dem Ruf. Tief unten , als schon die gischtenden Wasser der Ache zu sehen waren, verfing sich der Laubkranz des Leitstieres in den tief hängenden Zweigen einer Bergerle. Er zerrte in dem raschelndenGestrüpp - das folgende Rindwurde unruhig und stieß den Stier in die Weichen. Mit bösemBrummenwandte sich dieser auf dem steilen, abschüssigen Hang zurück. Peter sah alles; jäh stieg ihm die Angst zumHerzen. Die zwei Tiere standen sichmit gesenktenHörnern gegenüber, als der junge Hirt zwischen sie hineinsprang. DerHerzschlag setzte in dieser tödlichen Gefahr aus - aber dann bückte er sich und kraulte die zwei drohenden Gegenüber an ihrem breiten Genick. ,,Geh nur, Muler, geh - geh !" Lag es in dem vertrauten Klang der Stimme, machte es das wohltuende Scharren der Finger - der große Leitstier tappte zurück und wandte sich wieder zum Abstieg. Als die Herde wohlbehalten das Tal erreichte, wogte es oben weiß an den Hängen entlang - Schnee fiel! Die Bauern standen schon wartend im Dorf. Sie wichen vor dem jungen Hirten zur Seite, als Peter die Herde heranführte - und keinem entschlüpfte diesmal ein spottendes Wort. Der Hirt der jungen Stiere aber war froh . Das Schweigen der Bauern war ihm Zeichen der Anerkennung genug ... ! 100 Jahre Steyrer Kalender Als im Jahre 1937 der 50. Jahrgang des „ Illustrierten Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender für Stadt- und Landleute" erschien, widmete der Heimatdichter Prof. Gregor Goldbacher diesem Kalender ein Mundartgedicht. Heuer werden hundert Jahre nach dem Erscheinen des ersten Steyrer Kalenders voll , und nach wie vor ist dessen Beliebtheit und Verwendbarkeit ungebrochen. Es gibt kaum eine zweite Stadt in Österreich , die mit einem derart umfassenden Nachschlagewerk aufwarten kann. Und so wie vor hundert, vor fünfzig Jahren ist der „Steyrer Kalender " ein Nachweis für die Leistungskraft der Wirtschaft, die sich dari n mit Repräsentativanzeigen dokumentiert. Die Chronik vom wichtigsten Geschehen in Stadt und Umgebung sowie die Verzeich nisse im Schemati smus sind in hundert Jahren ei ne GeschiQhtsquel le geworden, derer sich Historiker und Heimatforscher gerne bedienen. Daß trotz des hundertjährigen Bestehens des Steyrer Kalenders erst der 94. Jahrgang gezählt wird , kommt daher, weil das Erscheinen des Kalenders während des Zweit.en Weltkrieges einige Jahre ein- 1887--1987 gestell t worden ist. 41
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